Mülheim-Kärlich/Koblenz - Er schrieb den Prostituierten, wann sie anschaffen und wie viel Umsatz sie machen mussten. Und: Er brachte einen Polizisten dazu, ihm Dienstgeheimnisse zu verraten. Jetzt hat das Landgericht Koblenz den 66-Jährigen zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt.
Von unserem Redakteur Hartmut Wagner
Er schrieb den Prostituierten in seinen Bordellen vor, wann sie anschaffen, wie viel Umsatz sie machen und welche Preise sie verlangen mussten. Und: Er brachte einen Polizisten (60) aus Straßenhaus dazu, ihm immer wieder Dienstgeheimnisse zu verraten. Jetzt hat das Landgericht Koblenz den nicht vorbestraften 66-Jährigen zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Er muss 4000 Euro an den Weißen Ring bezahlen. Die Tatvorwürfe: Anstiftung zur Verletzung von Dienstgeheimnissen (15 Fälle), Zuhälterei (vier Fälle), Betrug und Nötigung (jeweils ein Fall).
Der 66-Jährige betrieb einst das "Schneckenhaus" in Dierdorf, die "Mädchen-WG Waldlust" in Kleinmaischeid und das "Sunflower" in Mülheim-Kärlich. Ausgerechnet er brachte den erfahrenen Straßenhauser Polizisten dazu, Dienstgeheimnisse zu verraten. Laut dem Vorsitzenden Richter Thomas Metzger nutzte der Ex-Bordellchef die Gutmütigkeit des Polizisten aus. Doch dessen Anwalt Rüdiger Böhm wertete den Geheimnisverrat als "Westerwaldfilz, wie er seit Jahrzehnten gewachsen ist".
Mitte Januar verurteile das Landgericht den suspendierten Polizisten wegen Verletzungen des Dienstgeheimnisses in 15 Fällen zu einer Bewährungsstrafe von zehn Monaten. Er recherchierte für den Bordellchef in drei Datenbanken der Polizei (Polis, Zevis, Ewois), gab ihm Auskunft über Vorstrafen, Wohnorte und Kfz-Kennzeichen von Prostituierten und Zuhältern. Er wollte ihn zu seinem Informanten im Rotlichtmilieu aufbauen.
Der Bordellchef ist heute im Ruhestand, bezieht 400 Euro Rente. Er vermietet die Häuser seiner Etablissements zwar noch, hat aber nach eigenen Angaben nichts mehr mit dem Bordellbetrieb zu tun. In den Prozesspausen lief er in gebückter Haltung über den Gerichtsflur, wirkte schwach, von Krankheit gezeichnet.
Doch laut dem Urteil war er 2008 und 2009 ein Zuhälter, der die Prostituierten in seinen Bordellen mit harter Hand zur Profitmaximierung trieb. Er kassierte die Hälfte ihrer Einnahmen. Eine Frau musste zeitweise sieben Tage die Woche arbeiten. Eine andere hatte einen Zehnstundentag - wenn sie nicht genug Geld heranschaffte, musste sie Überstunden machen. Eine Prostituierte verlangte von dem Bordellchef 350 Euro Miete zurück. Doch sie ließ die Forderung fallen, denn er drohte ihr, im Kindergarten ihres Kindes Fotos zu verteilen, die sie bei der Arbeit zeigen. Er überwachte die Prostituierten mit Kameras - teilweise ohne ihnen dies zu sagen.
Der 66-Jährige legte im Prozess ein Geständnis ab, äußerte aber kein Wort der Entschuldigung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.