Koblenz - Wenn es um die Erhebung der Grundsteuer B geht, gelten manche Koblenzer Stadtteile noch als kleine Gemeinden und nicht als Teil einer Großstadt - und das, obwohl Güls, Lay, Bubenheim, Kesselheim, Rübenach, Arzheim, Arenberg, Immendorf und Stolzenfels immerhin seit 1969 oder 1970 zu Koblenz gehören.
"Dadurch zahlen sie 8 bis 9 Prozent mehr Grundsteuer als die Leute in anderen Stadtteilen", kritisiert Reiner Schmitz, Geschäftsführer der Wohngenossenschaft Modernes Wohnen, vor dem Hintergrund der anstehenden Erhöhung der Grundsteuer B in der heutigen Ratssitzung (Freitag, 21. Juni). Für ihn ist dies eine Ungleichbehandlung der Bürger.
Bei den Gemeindegrößenklassen werden die betroffenen Stadtteile tatsächlich immer noch als Gemeinden mit 2000 bis 5000 Einwohnern statt mit über 100 000 gerechnet wie der Rest der Stadt - und zahlen an dieser Stelle drauf. Für ein vollständiges Bild muss man aber berücksichtigen, dass die Gemeindegrößenklasse nur ein Faktor bei der komplizierten Berechnung des Einheitswerts eines Grundstückes ist, der wiederum die Grundlage für die Grundsteuer B ist, betont Ute Brockmann-Kneip, Leiterin des Kämmerei- und Steueramts, auf Anfrage der RZ.
Der Einheitswert des Grundstücks wird nicht nur nach der Einwohnerzahl des Stadtteils berechnet, sondern auch nach der sogenannten Jahresrohmiete, die das Finanzamt feststellt. Und diese ist in den zuletzt eingemeindeten Stadtteilen in der Regel günstiger als in den "Altstadtteilen", was auf einem detaillierten Mietspiegel vom 1. Januar 1964 basiert. Dadurch wird die "teurere" Gemeindegrößenklasse in den eingemeindeten Stadtteilen kompensiert, so die Stadt.
Nichtsdestotrotz ist es natürlich kurios, dass es Stadtteile gibt, die ausgerechnet bei den Steuern auch nach Jahrzehnten noch als eigenständig gerechnet werden. Dies liegt allerdings nicht in der Verantwortung der Stadtverwaltung. Grundlage der Regelung ist das bundeseinheitlich gültige Bewertungsgesetz. Der hier vorgesehene Vervielfältiger zur Bemessung eines Grundstückswerts richtet sich nach der Zahl der Einwohner, die ebenfalls zum 1. Januar 1964 in den Ortsteilen wohnten - also vor der Eingemeindung. Auch bei einer Neufassung des Gesetzes 1991 wurde dies nicht geändert.
"Das Festhalten des Bundesgesetzgebers an den Werten von 1964 ist natürlich problematisch", findet auch Ute Brockmann-Kneip. Seit Längerem gibt es deshalb auch eine Arbeitsgruppe auf der Ebene von Bund und Ländern, die sich mit einer Reform der Grundsteuer beschäftigt. "Bis hier eine grundlegende gesetzliche Neuregelung in Kraft tritt, muss es beim bisherigen Verfahren bleiben", so Brockmann-Kneip. Den Hebesatz für die einzelnen Stadtteile derweil unterschiedlich hoch anzusetzen, um Ausgleich zu schaffen, ist rechtlich nicht möglich.
Von unserer Redakteurin Stephanie Mersmann