Koblenz/Region - Auch wenn die Prognosen für die deutsche Wirtschaft recht günstig sind, werden viele Menschen wenig von diesen Aussichten haben: Im Oberzentrum Koblenz und in anderen Gemeinden in der Region Mittelrhein drücken die privaten Schulden ganz besonders.
Auch wenn die Prognosen für die deutsche Wirtschaft recht günstig sind, werden viele Menschen wenig von diesen Aussichten haben: Obwohl Steigerungen eher die Ausnahme sind, ist die Überschuldung vieler Haushalte nach wie vor ein großes Problem. Und im Oberzentrum Koblenz und in anderen Gemeinden in der Region Mittelrhein drücken die privaten Schulden ganz besonders. Das ist die zentrale Erkenntnis, die sich aus dem neuen Schuldneratlas ableiten lässt, den die Creditreform Koblenz am Dienstag im Klostergut Besselich in Urbar vorstellte.
Die Botschaft von Helmut Rödl stimmte nachdenklich. "Wir haben es trotz des guten Arbeitsmarktes nicht geschafft, die Zahlen runterzubringen", betonte der Geschäftsführer des Wirtschaftsauskunfts- und Inkassounternehmens. Daraus lässt sich folgern: Auch wenn die Chancen auf eine Stelle derzeit recht gut sind, können offenbar die wenigsten ihre Schulden abbauen.
Bundesweit liegt der Anteil der Bürger, die entweder zahlungsunfähig sind oder "nachhaltige Zahlungsstörungen" haben, bei 9,65 Prozent. Das sind 0,27 Prozent mehr als noch 2012. In Zahlen bedeutet das: 6,59 Millionen Bundesbürger sind überschuldet oder kämpfen gegen die Zahlungsunfähigkeit. Das sind 189 000 Personen mehr als noch im Jahr 2011.
Die Quote in Rheinland-Pfalz liegt mit 9,95 Prozent leicht über dem Bundesdurchschnitt. Im Vergleich zum Vorjahr sind das 0,05 Prozent mehr. "Die Überschuldungssituation im Land auf Basis der 36 Kreise und kreisfreien Städte ist im Vergleich zum Vorjahr nahezu unverändert", führte Helmut Rödl weiter aus. Auch das ist keine gute Nachricht. Gibt es doch landesweit rund 330 000 Menschen über 18 Jahren, die einem erhöhten finanziellen Stress ausgesetzt sind. Die meisten von ihnen sind Männer, die einen Anteil von 64 Prozent haben, was in etwa dem Bundesschnitt entspricht. Helmut Rödl führt dies darauf zurück, dass in den meisten Haushalten nach wie vor die klassische Rollenverteilung vorherrscht. Dazu kommt, dass Männer bei finanziellen Dingen risikofreudiger sind. Besorgniserregend ist vor allem die Tatsache, dass immer mehr ältere Menschen ab 60 Jahren in Schwierigkeiten geraten. Waren früher vor allem die finanziellen Folgen von Krankheiten Hauptursache, kommt jetzt unter anderem die Kostenexplosion bei den Energiepreisen und bei der Instandhaltung von Häusern oder Wohnung dazu. Und: Die Zahl derer, die nach dem Tod des Partners oder dem Wegzug der Kinder nicht mehr klarkommen, wächst.
Der Kreis mit der niedrigsten Schuldnerquote 2013 im Zuständigkeitsbereich von Creditreform Koblenz ist nach wie vor Cochem-Zell. Hier liegt die Schuldnerquote bei 7,69 Prozent (Vorjahr: 7,89 Prozent), gefolgt von Mayen-Koblenz mit 9,82 Prozent (Vorjahr: 9,85 Prozent). Im Landkreis Neuwied gelten 10,69 Prozent und im Westerwaldkreis 10,77 Prozent der Einwohner als überschuldet. Mit nur leichten Veränderungen der Schuldnerquoten zwischen minus 0,03 (Mayen-Koblenz) und minus 0,2 Prozent (Cochem-Zell) bleibt die Situation am Mittelrhein unverändert. Bedenklich ist die Situation in Koblenz. Hier liegt die Quote aktuell bei 12,73 Prozent. Zwar sind das 0,15 Prozent weniger als im Vorjahr, doch befindet sich das Oberzentrum im Landesvergleich im Tabellenkeller. Zum Vergleich: In Trier-Saarburg liegt die Quote bei 6,77 Prozent (Vorjahr 6,43 Prozent).
Reinhard Kallenbach
Im Norden der Stadt gibt es die meisten Geldprobleme
Aktuell leben rund 13 800 überschuldete Personen in Koblenz. nnerhalb der Stadtgrenzen des Oberzentrums konnte die Creditreform stadtteilspezifische Quoten ermitteln. So beträgt die Schuldnerquote in den von Überschuldung geprägten Stadtteilen Bubenheim, Neuendorf, Kesselheim, Lützel und Wallersheim 18,43 Prozent. Auch wenn dieser Wert um 0,11 Prozent zurückging, liegt die ermittelte Quote noch deutlich über dem "Landesschlusslicht" Pirmasens (Durchschnitt: 17,73 Prozent). Unwesentlich besser dran sind die Bereiche Altstadt und Mitte. Hier wurde ein Wert von 16,94 Prozent ermittelt. Zwar wurde hier der Extremwert des Vorjahres (17,34 Prozent) nicht mehr erreicht, doch geht die Kurve im Fünfjahresvergleich eindeutig nach oben. Deutlich besser dran ist der Süden der Stadt. So melden die Karthause, das Oberwerth und Stolzenfels eine Schuldnerquote von 7,74 Prozent und damit eine Abnahme von 0,35 Prozent. ka
Gute Konjunktur bewahrt nicht vor Schuldenfalle
Region - In Deutschland sind 6,6 Millionen Bürger ab 18 Jahren derart verschuldet, dass sie entweder gegen die Zahlungsunfähigkeit kämpfen oder längst vor den Gläubigern kapituliert haben. Das entspricht einer Quote von 9 Prozent. Der neue Schuldneratlas der Creditreform zeigt: Die Rheinland-Pfälzer leben auf keiner Insel der Glückseligen. In vielen Gemeinden liegt die Quote der überschuldeten oder gefährdeten Menschen deutlich über dem Bundesdurchschnitt.
Lediglich die Kreise Cochem-Zell und Mayen-Koblenz bewegen sich unter dem Bundesdurchschnitt von 9,81 Prozent. Die weiteren Kreise der Region Mittelrhein liegen klar darüber. Koblenz belegt aktuell mit einer Schuldnerquote von 12,73 Prozent Platz 32 unter den 36 rheinland-pfälzischen Kreisen und kreisfreien Städten. Die kreisangehörigen Kommunen Weißenthurm und Kretz übersteigen diesen Wert sogar erheblich. Hier liegt die Quote bei 13,45 beziehungsweise bei 14,71 Prozent. Bendorf dagegen liegt mit 12,74 Prozent nur minimal über dem Koblenzer Wert, Mayen mit 12,65 Prozent leicht darunter. Dann gibt es noch eine Reihe von Gemeinden an Rhein und Mosel mit Werten zwischen 10 und 11 Prozent. Beispiel ist Andernach mit einer Quote von 10,12 Prozent.
Natürlich gibt es im neuen Schuldneratlas auch Städte und Gemeinden, die deutlich unter dem Bundesdurchschnitt liegen, so zum Beispiel Rhens (6,05 Prozent), Spay (6,14 Prozent), Waldesch (6,26 Prozent) und Saffig (6,37 Prozent). Diese Werte stehen für einen Trend, den die Statistiker der Creditreform auch in diesem Jahr beobachten. Grundsätzlich ist die Überschuldung in städtischen Ballungsräumen höher als in Kleinstädten, Dörfern oder ländlich geprägten Landkreisen.
Die höchste Schuldnerquote in Rheinland-Pfalz weist übrigens die Stadt Pirmasens auf. Hier sind 17,73 Prozent der Personen über 18 Jahren überschuldet. Das heißt: Von den knapp 39 600 Einwohnern der Stadt Primasens gelten mehr als 7000 Menschen als überschuldet. Bundesweit trägt die Stadt in der Pfalz übrigens gemeinsam mit Wuppertal, Offenbach und Bremerhaven (19,84 Prozent) die "rote Laterne" in Deutschland.
Ein Blick auf die Altersstruktur der überschuldeten Personen in der Region Mittelrhein zeigt, dass in der Stadt Koblenz, aber auch in den angrenzenden Landkreisen, die Gruppen der 30- bis 39- und 40- bis 49-Jährigen jeweils den größten Schuldneranteil ausmachen. Die Creditreform macht in dieser Gruppe Arbeitslosigkeit, persönliche Schicksalsschläge wie Trennung, Krankheit oder eine gescheiterte Selbstständigkeit sowie fehlgeschlagene Finanzierungen von Immobilien als Hauptauslöser für den Eintritt in die Schuldenspirale aus. Auch ein unwirtschaftliches Konsumverhalten, etwa durch vermeintlich günstige Ratenkäufe, kann in die Schieflage führen. "Das gute, aber weiterhin unsichere konjunkturelle Umfeld beeinflusst die Situation der Überschuldung nicht mit positiven Effekten. Gute Konjunkturzyklen lassen sich mitunter erst sehr zeitverzögert in der Statistik ablesen", bilanziert Helmut Rödel, Geschäftsführer der Creditreform in Koblenz. Das Wirtschaftsauskunfts- und Inkassounternehmen geht davon aus, dass Überschuldung in der Bundesrepublik "überwiegend nicht das Resultat einer vorwerfbaren Lebensführung ist, sondern Folge kritischer Lebensereignisse bei Menschen, die aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation und sonstiger Lebensumstände schlechter als andere in der Lage sind, mit solchen Ereignissen fertigzuwerden." ka