Koblenz - Ein Mann sieht rot: Der Chef eines Koblenzer Sexshops stürmte an einem Montagnachmittag 2012 aus seinem Laden in der Fußgängerzone, zog eine Lederklatsche - und prügelte einen Ex-Kunden blutig.
Von unserem Redakteur Hartmut Wagner
Ein Mann sieht rot: Der Chef (50) eines Koblenzer Sexshops stürmte an einem Montagnachmittag 2012 aus seinem Laden in der Fußgängerzone, zog eine Lederklatsche - und prügelte einen Ex-Kunden (43) blutig. Gab es Streit wegen eines Hausverbots? Ging es um Gruppensexpartys? Oder um das Abwerben von Prostituierten?
Diese Fragen muss jetzt das Amtsgericht Koblenz klären. Am ersten Prozesstag gab der Sexshop-Chef die Lederklatschen-Attacke zu. Aber er sagte: "Ich war im Recht!" Der 50-Jährige, der in seinem Laden in der Firmungstraße Pornofilme, Sexspielzeug und Reizwäsche verkauft, muss sich wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten, außerdem wegen Beihilfe zum Kokainhandel. Er wird von Anwalt Eberhard Schulte-Wissermann verteidigt, dem einstigen Koblenzer Oberbürgermeister.
Der Angeklagte spricht schnell, verhaspelt sich oft, fuhrwerkt dabei mit den Händen durch die Luft. So schildert er im Prozess die Vorgeschichte seines Ausrasters: Er betreibt in seinem Laden auch ein Erotikkino. Dort benahmen sich ein Versicherungskaufmann (43) und ein suspendierter Finanzbeamter (53) daneben. Seine Partnerin, mit der er den Laden führt, erteilte ihnen Hausverbot. Trotzdem kamen sie oft zum Laden, beschimpften den Angeklagten, tyrannisierten ihn am Telefon, schmierten Eiscreme ans Schaufenster. Und der Finanzbeamte drohte: "Ich sorge dafür, dass der Laden dichtgemacht wird!"
Am 6. August 2012 gegen 16 Uhr passierte es. Laut dem 50-Jährigen sah er beide Männer zufällig vor seinem Laden. Er stand an der Kasse, hatte gerade eine noch verpackte Lederklatsche in der Hand, lief hinaus und schrie: "Geht weg!" Aber sie beleidigten ihn, da schlug er auf einen der Männer ein. Warum? "Ich wusste, er hat ein Messer." Er habe es nicht gesehen, gleichwohl wusste er es.
Der 43-Jährige, der Wunden an Armen und Händen davontrug, schilderte die Tat völlig anders: Er und sein Bekannter haben den Chef des Sexladens nicht beleidigt, ihm auch kein Eis ans Fenster geschmiert. Aber es gab Streit. Am Tattag verabredeten sie sich mit ihm am Laden, um sich auszusprechen. Plötzlich rastete dieser aus. Kurios: Bei der Polizei berichtete das Opfer von rund fünf Schlägen, im Prozess von bis zu 20.
Warum kam es zum Streit? Der Finanzbeamte erzählte im Prozess: Es ging um Fotos von ihm, welche die Partnerin des Angeklagten einfach ins Netz stellte. Es ging auch um den falschen Vorwurf, er habe Prostituierte abgeworben. Und es ging wohl um Ärger bei Partys mit Gruppensex ("Gangbang").
Laut Anklage erwarb der Sexshop-Chef bis 2013 mehrfach Kokain, zudem rief er 50-mal Dealer, wenn zwei Stammgäste Kokain wollten. Er legte im Prozess ein Teilgeständnis ab: Er selbst habe das Kokain umsonst erhalten, die Dealer habe er höchstens zwölfmal angerufen. Der Prozess geht am 10. Februar weiter.
Am Donnerstag, 23. Januar, stehen die Dealer vor dem Landgericht, die den Sexshop-Chef mit Kokain beliefert haben sollen. Ein Bericht folgt.