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Kreis MYK: Es kann jederzeit eine Bombe auftauchen

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Kreis MYK - Region. Theoretisch hätte dieses Unglück auch in der Region rund um Koblenz passieren können. In Euskirchen ist Anfang des Jahres eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg explodiert. Dabei kam ein Mensch ums Leben. Es geht nicht um Panikmache, aber durchaus darum, nochmals deutlich darauf hinzuweisen, "dass die Region rund um Koblenz, wie auch die Stadt selbst, latent kampfmittelverdächtig ist", erläutert Horst Lenz, technischer Leiter des Kampfmittelräumdienstes Rheinland-Pfalz, im Gespräch mit unserer Zeitung.

Wie sehr dies der Fall ist, hatte zuletzt das Jahr 2011 deutlich aufgezeigt, als immer wieder neue Weltkriegsrelikte die gesamte Region in Atem gehalten haben: Etwa 200 Vallendarer mussten für die Entschärfung einer US-amerikanischen Fliegerbombe im Sommer 2011 ihre Häuser verlassen. Vom Herbst an offenbarte dann der Rhein seine Waffenkammer mit Tarnnebelfässern zwischen Bendorf und Vallendar, einer 250-Kilo-Fliegerbombe bei Spay, einer Unterwasserbombe an der Eisenbahnbrücke in Urmitz, eine 10-Zentner-Bombe in Neuwied-Irlich und vielem mehr. Bei den Entschärfungen einer 1,8 Tonnen schweren Luftmine und einer 125-Kilo-Fliegerbombe sowie der Sprengung eines Nebelfasses erlebte die Stadt Koblenz sogar die größte Evakuierungsaktion der Nachkriegszeit. Am 4. Dezember 2011 mussten 45 000 Einwohner ihre Wohnungen verlassen.

Während Horst Lenz und seine Kollegen verhältnismäßig wenige Kampfmittelfunde an der Untermosel verzeichnen - "was nicht heißen soll, dass dort nichts liegt", betont Lenz - sind es südlich und nördlich von Koblenz deutlich mehr. Im Zweiten Weltkrieg seien etwa 2500 Bomben auf die Wiedbrücke abgeworfen worden - mit einer relativ hohen Blindgängerquote. "Viele davon haben wir bislang nicht gefunden."

Die Irlicher Wiedbrücke und die Straßenbrücke (Hermann-Göring-Brücke) nach Weißenthurm waren zum Beispiel neuralgische Punkte bei den Luftangriffen in den Jahren 1944/45. Der Koblenzer Geschichtswissenschaftler Dr. Helmut Schnatz hat in seinem Werk "Der Luftkrieg im Raum Koblenz 1944/45" auch diese Angriffe detailliert beschrieben. Allein zwischen November 1944 und Februar 1945 fielen 737 Bomben an oben genannten Punkten. "Nach einer Faustregel der Munitionsräumung sind etwa 15 Prozent Blindgänger, das wären etwa 111 Stück", fasst der 80-Jährige zusammen.

Wo genau die Blindgänger zu finden sind, kann selbstverständlich auch Horst Lenz vom Kampfmittelräumdienst nicht beantworten, denn es gibt keine zuverlässige Kartierung. "Dazu hätte es Luftbilder, die am besten noch am 8. Mai 1945 entstanden wären, bedurft", ist er sicher. Der 58-jährige Bombenentschärfer weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Bomben, die mit Schallgeschwindigkeit auf die Erde knallen, selbstverständlich nicht immer punktgenau ihr Ziel trafen. "Es kann also durchaus sein, dass sie zehn Kilometer weiter entfernt einschlugen, auch mal in einem Waldstück. Das habe ich schon erlebt", sagt Lenz, der 2013 mit seinen 14 Kollegen rund 50 Bomben entschärft und 30 bis 40 Tonnen Munition geborgen hat: Durchschnittswerte.

Helmut Schnatz hat als Elfjähriger schlimme Dinge sehen müssen: Er hat die Bombenangriffe auf seine Heimatstadt Koblenz miterlebt, diese "schreckliche Erfahrung" war auch Antrieb für seine späteren aufwendigen Recherchen. Zwölf Jahre lang hat Schnatz zum Beispiel an seinem Buch gearbeitet, um zu dokumentieren und die nachfolgenden Generationen zu informieren.


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