Region - Geschäftsleute in der Region blicken mit Sorge auf mögliche zwölf verkaufsoffene Sonntage im neuen Outlet-Center in Montabaur.
Gegen das geplante Factory-Outlet-Center (FOC) in Montabaur regt sich in der Region rund um Koblenz und in der Stadt selbst Widerstand. Anlass ist weiterhin nicht nur das Projekt als solches, das zusätzliche Konkurrenz in die Region bringen könnte. Vielmehr sorgen sich Einzelhändler in mehreren Städten um die Zahl der verkaufsoffenen Sonntage, die für das FOC im Gespräch ist. Zwölf Mal im Jahr sollen Besucher in Montabaur trotz Ruhetag shoppen können.
Nachdem bereits der Koblenzer Oberbürgermeister Joachim Hofmann-Göttig ("Wir sind ausdrücklich dagegen"), die Citymanagerin der Rhein-Mosel-Stadt sowie das Stadtforum "Alle lieben Koblenz" mit seinem Vorsitzenden Christoph Krepele an der Spitze in der RZ Widerstand gegen die Pläne ankündigten, haben nun Krepele und seine Kollegen aus Neuwied und Andernach einen gemeinsamen Brief an Ministerpräsidentin Malu Dreyer geschickt, in dem die Geschäftsleute ihre Argumente darlegen. Eines lautet: "Umsätze, die an den zusätzlichen verkaufsoffenen Sonntagen abgeschöpft werden, fehlen der gesamten Region an den nachfolgenden regulären Öffnungszeiten an Werktagen."
Aus Sicht von Franz Becher, Vorsitzender des Aktionsforums Neuwied, in dem sich viele Einzelhändler der Innenstadt zusammengeschlossen haben, sind die Montabaurer Überlegungen ein Unding. Denn in Rheinland-Pfalz dürfen die Geschäfte in Städten lediglich viermal im Jahr öffnen. "Das ist nicht hinnehmbar", poltert Becher. Nicht ohne Grund wird die Kritik auch aus Sicht von Harald Schmillen, Geschäftsführer der Mittelstandsförderung im Kreis Neuwied, in der Deichstadt laut. "Ich sehe im Wesentlichen den Einzelhandel in der Neuwieder Innenstadt betroffen", sagt er.
IHK spricht von einer Verzerrung
Rückendeckung bekommen Becher, Krepele, Matthias J. Strobl ("Andernach Attraktiv") und ihre Mitstreiter bei ihrer Kritik von Fabian Göttlich, Leiter der Neuwieder Geschäftsstelle der Industrie- und Handelskammer (IHK). Er pocht auf den Grundsatz der Gleichbehandlung. Alles andere sei nicht in Ordnung. Göttlich spricht in diesem Zusammenhang von "Verzerrung des Wettbewerbs". Zumal aus seiner Sicht Neuwied ohnehin mit der Konkurrenz in Koblenz und Mülheim-Kärlich kämpft.
Immerhin versuchen sich die Städte, was die verkaufsoffenen Sonntage in Koblenz, Andernach und Neuwied angeht, abzusprechen. Eine solche Koordination würde aber mit einem zusätzlichen Faktor wie dem FOC in Montabaur noch schwieriger, befürchtet man nicht nur in Neuwied.
Ob das FOC im Westerwald grundsätzlich Auswirkungen auf den Handel in den Städten am Mittelrhein haben wird, darüber kann Göttlich allerdings nur spekulieren. Es hänge entscheidend davon ab, was letztendlich dort verkauft werde. Klar ist, dass auf 10 000 Quadratmetern 70 Ladenlokale für Marken- und Designkleidung entstehen. Die Bauarbeiten haben vor Kurzem begonnen. Es ist jedoch nicht genau geregelt, ob dort zum Beispiel Vorjahreskleidung oder B-Ware über den Tisch gehen wird.
Verkaufsfläche wächst seit Jahren
Fest steht für Göttlich dagegen, dass durch ein Outlet-Center "der Kuchen kleiner wird". Seine Rechnung lautet so: Einerseits entsteht in Montabaur zusätzliche Verkaufsfläche, andererseits ist die Kaufkraft, die in den Einzelhandel geht, seit Jahren konstant. Er belegt das mit Zahlen: Bundesweit macht der Einzelhandel seit 2000 konstant einen jährlichen Umsatz von etwa 400 Milliarden Euro, dagegen ist die Verkaufsfläche allein bis 2009 von 108 auf 122 Millionen Quadratmeter gewachsen - Tendenz steigend. "Woher sollen denn die ganzen Kunden dafür kommen?", fragt Becher.
Er geht fest davon aus, dass das FOC Umsatzeinbußen für die Region bringen wird. In dem Schreiben an die Ministerpräsidentin ist von drei bis fünf Prozent die Rede. Becher zeichnet ein düsteres Szenario, wenn er sagt: "Für manchen kann das das Aus bedeuten."
Eine Reaktion auf das Schreiben haben der Aktionsforums-Vorsitzende und seine Mitstreiter noch nicht. Sie rechnen damit, dass sie bald kommt. "Wir repräsentieren den Einzelhandel in drei Städten. Das wird man nicht ignorieren können und sich äußern", da ist sich Becher sicher. Sollte die Landesregierung aber die Genehmigung für zwölf verkaufsoffene Sonntage im Factory-Outlet-Center erteilen, bringt er ein juristisches Vorgehen ins Spiel. "Das", so sagt Becher, "ist ganz klar eine Option."
Markus Gerhold/red
Gesetzentwurf: Bis zu acht Flohmärkte an Sonntagen
Für die verkaufsoffenen Sonntage in Städten gibt es in Rheinland-Pfalz ganz klare Regelungen. Bis zu vier sind pro Jahr erlaubt, sie dürfen aber weder unmittelbar aufeinanderfolgen, noch auf den Adventssonntagen im Dezember liegen. In einer Ausweitung der Regelung für das neue Factory-Outlet-Center in Montabaur sehen die Gegner auch einen Bruch mit der allgemeinen Linie der Landesregierung, die Sonntagsruhe zu schützen. So gab es in den vergangenen Jahren eine hitzige Diskussion über Flohmärkte an Sonntagen. Die hatte die Vorgängerregierung untersagt, die jetzige arbeitet an einer Regelung, wonach jährlich bis zu acht erlaubt sein könnten. mg