Mittelrhein - Kurz vor Toresschluss des alten Jahres haben sich diverse Kritiker mit den deutschen Weinen auseinandergesetzt: Viel Lob für Mosel-Rieslinge.
Von unserem Redakteur Volker Boch
Kurz vor Toresschluss des alten Jahres haben sich diverse Kritiker mit den deutschen Weinen auseinandergesetztNachdem Gault Millau und Eichelmann als Branchenführer ihre Noten vergeben haben, kam das handliche Weinbuch des Magazins Feinschmecker auf den Markt, das "die 900 besten Weingüter" auf gut 250 Seiten vorstellt. Dazu hat auch das Nachrichtenmagazin Focus einen Ausflug in die Weinwelt unternommen und mit Kennern Rieslinge durchprobiert.
Im Focus-Test gibt es drei Kategorien, die für die Bereiche "trockene Rieslinge" und "halbtrockene beziehungsweise feinherbe Rieslinge" des Jahrgangs 2012 sowie für "gereifte Rieslinge bis zum Jahr 2008" eine Top 10 ausweisen. "Riesling ist in", lautete eines der Ergebnisse der verdeckten Probe von insgesamt 731 Weinen. Die besten 15 Rieslinge jeder Kategorie schafften es ins Finale - und zwei Mittelrhein-Weine waren am Ende unter den Besten vertreten.
In der Kategorie feinherb landete das Osterspaier Weingut Didinger mit dem Bopparder Hamm Feuerlay Riesling Spätlese halbtrocken auf dem zweiten Rang des Finales. Jens Didinger rangierte damit nicht nur knapp hinter dem Siegerwein, einer Mosel-Spätlese des Weingutes Lorenz aus Detzem, sondern bewies einmal mehr, dass Mittelrhein-Weine nicht nur Schnäppchen sind, sondern auch Klasse haben - der Preis anderer Top-10-Weine lag im bis zu dreifachen Bereich. In der Top 10 der gereiften Rieslinge platzierten sich vor allem edelsüße Langläufer bis hin zu Eiswein und Trockenbeerenauslese. Auf Rang sieben platzierte sich neben anderen Spitzengütern das Spayer Weingut Matthias Müller mit seiner feinen Beerenauslese Bopparder Hamm Engelstein 2008.
Der Feinschmecker geht mit dem Mittelrhein neben viel Zuspruch in der Bewertung des aktuellen Jahrgangs 2012 unterdessen etwas in die Kritik. Es gibt neben kleinerer Schelten aber auch viele positive Worte: Das Bacharacher Weingut Fritz Bastian loben die Tester insbesondere für die feinherben und fruchtsüßen Rieslinge. Gerade die - ohnehin außergewöhnliche - Einzellage Heyles’en Werth sorgt für Begeisterung, ebenso wie die Spätlese aus dem Posten. Das Weingut Didinger erhält gleichfalls eine gute Kritik, vor allem die halbtrockenen Kabinette und Spätlesen fallen in den Blick - aus dem Bopparder Hamm finden gerade die Spätlese sowie die Auslese großen Anklang.
Ähnlich fokussiert sich der Feinschmecker beim Weingut Toni Lorenz aus Boppard auf den feinherben und süßen Bereich, in dem sich knackige Säure und mineralische Nuancen verbinden. Die Rieslinge von August & Thomas Perll könnten einen Tick mehr Säure gebrauchen, schreibt der Feinschmecker, da die Weine sehr extraktreich sind. Lob gibt es aber unter anderem für eine schöne Grauburgunder Auslese trocken aus dem Bopparder Hamm Feuerlay.
Der Feinschmecker bemängelt an einigen Stellen, dass der 2012er-Jahrgang am Mittelrhein etwas mehr Eleganz und Glanz haben könnte und verteilt dafür insgesamt ein kleines Minus. Allerdings sind es gerade die klassischen Mittelrhein-Rieslinge, die in dem hier als nicht ganz einfach bewerteten Jahrgang positive Eindrücke hinterlassen. Dazu gehören Weine wie die Spätlese feinherb aus dem Bopparder Hamm Ohlenberg von Matthias Müller oder dessen Edition MM Spätlese feinherb aus dem Mandelstein sowie beispielsweise auch die Spätlese Bacharacher Hahn des Weinguts Toni Jost und die Spätlesen trocken und feinherb aus der Lage Bacharacher Kloster Fürstental von Randolf Kauer. Aus Oberwesel ist es eine weitere Paradelage der Region, die vom Weingut Lanius-Knab bearbeitet wird und mit einem gelungenen Süße-Säure-Spiel im Spätlese- und Auslese-Bereich gefällt: der Engehöller Bernstein.
Empfohlen werden ausdrücklich auch der Charta-Wein Felsenspiel des Dellhofener Weingutes Albert Lambrich und die trockene Römerkrug-Spätlese sowie das halbtrockene Hochgewächs. Zu den Gewinnern in der Regionsspitze wird Florian Weingart gezählt. Seine trockenen Rieslinge würden zwar noch etwas verschlossen wirken. Aber Weine wie die Feuerlay-Spätlese werden für ihre Finesse und ein "perfekt ausgewogenes Süße-Säure-Spiel" sehr gelobt.
Viel Lob für Mosel-Rieslinge
In allen Kategorien des Focus-Test liegen Moselweine vorn. Im Bereich der trockenen Rieslinge markiert das Bremmer Weingut Reinhold Franzen die Spitze mit dem 2012er Bremmer Calmont, dem auf Platz fünf das Weingut Walter aus Briedel mit der Briedeler Spätlese trocken folgt. Bei den Feinherben kommt der Siegerwein vom Weingut Lorenz aus Detzem (Maximiner Klosterlay Spätlese), auf den weiteren Rängen ist von der Mosel als nächstes das Gut Clüsserath-Weiler mit dem Fährfels feinherb als Dritter platziert. In der Top 10 der gereiften Rieslinge platzieren sich vor allem edelsüße Langläufer bis hin zu Eiswein und Trockenbeerenauslese. Den Siegerwein stellt hier das legendäre Mosel-Weingut Joh. Jos. Prüm aus Bernkastel-Wehlen mit einer 2004er Sonnenuhr-Auslese. Auf Rang acht platziert sich neben anderen Spitzengütern das Winninger Weingut Rüdiger Kröber mit der Beerenauslese Winninger Röttgen 2007. Direkt dahinter folgt das Weingut Leo Fuchs aus Pommern mit der Trockenbeerenauslese 2007 - zwei rare Weine.
Auch der Feinschmecker erfreut sich sehr an den Moselgewächsen des aktuellen Jahrgangs 2012 - und verteilt kaum Tadel. Das Pündericher Weingut Clemens Busch gefällt den Testern sehr. Der geradlinige sortentypische Stil wird auch beim Reiler Weingut Melsheimer gelobt, nicht nur ein eleganter Eiswein aus dem Reiler Mullay-Hofberg begeistert. Ebenfalls wird die Qualität des Bremmer Weinguts Franzen gewürdigt. Leo Fuchs aus Pommern erhält gleichen positiven Zuspruch für die trockene Spätlese aus dem Pommerner Zeisel und die insgesamt klassisch angelegten, frischen Rieslinge.
Eine tiefe Charismatik wird wieder einmal auch den Winninger Weinen attestiert. Besonders das Traditionsgut Heymann-Löwenstein wird im Jahrgang 2012 als herausragend gefeiert. Die Rede ist von einem genialen Zusammenspiel der konzentrierten, gehaltvollen Frucht mit den bodentypischen Mineralien - die Würdigung des Feinschmeckers liest sich wie ein Ritterschlag nicht nur für die Großen Gewächse aus dem Traumlagen des Winninger Uhlens. Aus der Winninger Nachbarschaft ist es vor allem Matthias Knebel, der die begeisterten Juroren "rundum überzeugt". Nicht nur die "gut proportionierten, extraktreichen und von mustergültiger Frische, Eleganz und Mineralität" zeugenden Mosel-Rieslinge wie der "Von den Terrassen" oder die gelungene Röttgen Auslese Goldkapsel brillieren. Es überzeugt beispielsweise auch der "feinfruchtige Weißburgunder".
Raus aus dem Mainstream, aber weiter hinein ins Lob geht es für Andreas Barth und den kleinen, feinen Lubentiushof in Niederfell. Zwar klingt es so, als benötigten gerade die trockeneren Weine wie der Gondorfer Gäns noch ihre Zeit, um sich zu entwickeln. Dafür werden aber gerade die "tadellosen fruchtsüße Kabinett- und Spätlesen" aus der Gondorfer Gäns in die Höhe gehoben.
Dass Größe nicht im Gegensatz zur Qualität stehen muss, fixiert der Feinschmecker am 45 Hektar bearbeitenden Zeller Weingut Albert Kallfelz. Eine weitere lobende Erwähnung des Feinschmeckers finden die Güter Frank Brohl, Lenz-Dahm, Lütz und Benedikt Nilles aus Pünderich, Leitzgen in Bremm, Haupts (Ediger-Eller), Reis aus Briedel, Schneiders-Moritz in Pommern, Henrichs & Friderichs, Lutz Hommes (beide Ernst), Schumacher (St. Aldegund), Schunk (Bruttig-Fankel), Julius Treis und Steffens-Keß (Reil), Laurentiushof (Bremm), Freiherr von Schleinitz (Kobern-Gondorf) sowie aus Winningen: Freiherr von Heddesdorf, Reiner und Anke Fries sowie Richard Richter. vb