Quantcast
Channel: Newsletter der Rhein-Zeitung: Wirtschaft in Rheinland-Pfalz
Viewing all articles
Browse latest Browse all 11588

Koblenz: Immer mehr Jüngere und Frauen leben auf der Straße

$
0
0

Koblenz - Etwa 50 Gespräche mit Wohnungslosen in Koblenz haben Forscher der Hochschule in den vergangenen Wochen geführt. Schon jetzt zeichnet sich ab: Wohnungslose werden immer jünger und mehr Frauen als früher sind betroffen.

Von unserer Redakteurin Doris Schneider

Etwa 50 Gespräche mit Wohnungslosen in Koblenz haben Forscher der Hochschule in den vergangenen Wochen geführt. Wie leben die Obdachlosen, wie ist ihre gesundheitliche und psychosoziale Lage, wie ihr beruflicher und schulischer Hintergrund? Noch sind die Befragungen nicht abgeschlossen, die neben Koblenz auch in Ludwigshafen, Trier, Mainz, Kaiserslautern, aber auch in kleineren Städten wie Mayen oder Lahnstein erfolgen, um ein möglichst umfassendes Bild zu zeichnen. Schon jetzt zeichnet sich ab: Wohnungslose werden immer jünger, mehr Frauen als früher sind betroffen, und es gibt viele Jüngere, die eine Berufsausbildung haben und trotzdem auf der Straße oder in Wohnungsloseneinrichtungen leben.

Das hat den Leiter der dreiköpfigen Forschergruppe, Sozialwissenschaftler Prof. Dr. Robert Frietsch, vielleicht am meisten überrascht und auch erschreckt: "Es scheint heute schneller als früher zu gehen, dass man wohnungslos wird", sagt er nach den vielen Gesprächen, die er und seine Kollegen Dirk Holbach und Sabine Link geführt haben - im Übrigen nicht nur mit Wohnungslosen selbst, sondern auch mit Menschen, die in der Wohnungslosenhilfe und in der Suchtberatung arbeiten. So unterschiedlich die Lebensgeschichten sind, eins eint die meisten: Schwere persönliche Krisen wie Trennungen und/oder Arbeitslosigkeit sind fast immer der Auslöser für die Obdachlosigkeit.

Der Ausgangspunkt für die Forschungen, die im Februar abgeschlossen sein sollen, war ein ganz pragmatischer. Der Leiter einer Fachklinik hatte beobachtet, dass immer wieder Wohnungslose in die Klinik zum Alkoholentzug kommen, entlassen werden, in ihr Leben zurückkehren und einige Zeit später wieder in der Klinik sind. Eine Untersuchung der Lebensumstände könnte hier mehr Klarheit bringen. Der Minister für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie des Landes, Alexander Schweitzer, hat gern die Schirmherrschaft übernommen, sagt Sozialwissenschaftler Robert Frietsch.

Und es zeigt sich: Viele Wohnungslose sind überschuldet, viele haben gesundheitliche Probleme und/oder Suchterkrankungen. Und: Ihnen einen Flyer in die Hand zu drücken und sie so zu Beratungsstellen zu schicken, bringt nichts. Man erreicht am meisten, wenn man sie eng begleitet, auch mit ihnen gemeinsam Termine bei Beratungsstellen und im Jobcenter wahrnimmt, haben die Sozialwissenschaftler aus den vielen Gesprächen erfahren, die sie mit den Experten aus der Wohnungslosenhilfe geführt haben. Und das kostet Geld.

25 Prozent sind Frauen

25 Prozent der Wohnungslosen sind Frauen, Tendenz steigend. Diese bundesweite Entwicklung ist nach den ersten Zwischenergebnissen der Koblenzer Sozialwissenschaftler auch in unserer Region zu beobachten. Und: Die Wohnungslosen werden immer jünger. Das Durchschnittsalter liegt bei 35 Jahren, jeder Vierte ist sogar jünger als 25.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 11588


<script src="https://jsc.adskeeper.com/r/s/rssing.com.1596347.js" async> </script>