Koblenz - Diverse Schaulustige sahen sich die Schlägerei am Löhrrondell schon an, als Rosemarie Kloft und Jürgen Heydorn an einem Abend im Oktober 2012 die Löhrstraße entlangkamen. Sie griffen ein - als einzige.
Von unserer Redakteurin Stephanie Mersmann
"Als ich gesehen habe, dass keiner eingreift, bin ich losgerannt", erinnert sich Heydorn. Für ihr mutiges Eingreifen und die Versorgung des Opfers wurden die beiden Koblenzer kürzlich mit dem Preis für Zivilcourage des Landes geehrt. Sie waren die Einzigen, die nicht nur zugeguckt haben - und haben dem Opfer damit wahrscheinlich das Leben gerettet.
Das Opfer des Schlägers war schon schlimm zugerichtet, als ihm endlich geholfen wurde. "Seine Augen waren nur noch Schlitze, er hat schlimm geblutet, sein Kiefer war verschoben", schildert die 72-jährige Rosemarie Kloft im Gespräch mit der RZ. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass der Mann eine Hirnblutung hatte, außerdem waren Kiefer, Jochbein und Nase gebrochen. Der Täter hatte ihm immer wieder gegen den Kopf getreten, "noch ein paar Tritte, und er wäre gestorben, hieß es", erinnert sich Kloft.
Doch ihr Lebensgefährte ging laut schreiend zwischen die Kontrahenten - zwei junge Männer - und schob sie auseinander. Den Umstehenden rief er zu, jemand solle die Polizei rufen. Der Schläger ergriff darauf die Flucht. "Ich habe ganz spontan eingegriffen", sagt Heydorn, "ich bin aber auch in Selbstverteidigung firm." Seit 15 Jahren macht der 66-Jährige Karate, früher auch andere Kampfsportarten. Außerdem war er vor seinem Ruhestand als Justizvollzugsbeamter tätig, "da hatte ich schon mit bösen Buben zu tun".
Mit diesem Hintergrund konnte er selbstbewusst dem rund 1,90 Meter großen Schläger entgegentreten - ein Vorgehen, dass die Polizei nicht jedem raten würde. "Wichtig ist, sich selbst nicht in Gefahr zu bringen", sagt Claudia Müller vom Polizeipräsidium Koblenz, das die beiden mutigen Koblenzer für den Preis vorgeschlagen hatte. Heydorn wusste aber, was er kann, und konnte den Schläger so in die Flucht schlagen. "Die beiden haben in allem richtig gehandelt", sagt Müller, "sie sind laut geworden, haben Aufmerksamkeit erzeugt, nach der Polizei gerufen, sich um das Opfer gekümmert".
Nachdem der Schläger abgehauen war, nahmen sich Kloft und Heydorn des Opfers an. Der Mann setzte sich zwar erst mal hin und rauchte eine Zigarette, doch bis der Krankenwagen am Ort war, kümmerten sich die beiden schon mal um seine Wunden und sprachen beruhigend auf ihn ein. Der Täter wurde kurz darauf gefasst, im nächsten Jahr sagen die beiden Geehrten als Zeugen im Prozess gegen ihn aus. Angeblich soll es in der Schlägerei um Drogen gegangen sein.
Dass ihnen Innenminister Roger Lewentz nun einen von vier Preisen für Zivilcourage übergeben hat - übrigens wurden die beiden schon vom Koblenzer Polizeipräsidenten geehrt -, ist für Rosemarie Kloft und Jürgen Heydorn eine "schöne Anerkennung". Besonders wichtig ist ihnen aber: "Damit wird anderen gezeigt, dass man selbst immer etwas machen kann."