Vallendar - Zwar kein Esel, aber immerhin ein Ochse stand früher in dem alten Stall auf Berg Schönstatt. Die Futtertröge für Kühe und Schweine, die dort ebenfalls in früheren Jahrzehnten ihre Heimstätte hatten, sind schon lange verschwunden, stattdessen stehen nun ausgediente Kirchenbänke und Tische und Stühle in dem alten Gemäuer, das wie kein anderes in der Region die Menschen zu Weihnachten anzieht.
Von unserer Mitarbeiterin Annette Hoppen
"Zehn Minuten an der Krippe": Unter diesem Motto laden die Schönstätter Marienschwestern alljährlich vom zweiten Weihnachtstag an bis zum 8. Januar jeweils um 15 und um 16 Uhr zum gemeinsamen Singen, zum Beten und zur Besinnung in ihre Anbetungskirche ein. Eine wunderbare Landschaftskrippe gibt es dort zu bestaunen. Kinder dürfen in die Gewänder von Hirten, von Maria und Josef, von Königen und Sternen schlüpfen. Großen und kleinen Besuchern funkeln die Augen, wenn die große Heilige Familie zum Altar zieht. Was 1997 klein begann, ist über die Jahre hinweg gewaltig gewachsen: Fast 11 000 Menschen strömten allein im vergangenen Jahr in das Gotteshaus - und fast genauso viele jeweils im Anschluss an die "Zehn Minuten an der Krippe" in den kleinen Stall neben der Anbetungskirche.
Plätzchen und heißer Tee, dazu Gespräche, viele bekannte, aber auch immer wieder neue Gesichter warten dort auf die Krippenbesucher in einer Atmosphäre, die weihnachtlicher nicht sein könnte. Tannenzweigduft liegt in der Luft.
Mit einer ganzen Wagenladung Äste haben die Marienschwestern den ehemaligen Stall in den Wochen vor Weihnachten dekoriert, die Böden mit alten Teppichen ausgelegt, Kerzen aufgestellt und natürlich auch im Stall eine kleine Krippe aufgebaut. "Das alles haben wir im Laufe der Jahre gespendet bekommen", berichtet Schwester Anne-Meike Brück, die die Pilgerzentrale leitet.
Vor etwa 13 Jahren hatten die Schönstattschwestern die Idee, hier im Stall etwas zu machen an Weihnachten. "Wir haben uns mit einem großen Kessel Tee und ein paar Plätzchen vor dem Gebäude postiert - nach den ,Zehn Minuten an der Krippe‘ in der Anbetungskirche", erinnert sich Schwester Bernadett-Maria. Die Gäste ließen nicht lange auf sich warten. Heute reicht ein Kessel Tee bei weitem nicht mehr - und die Plätzchen werden fast schon zentnerweise vertilgt. Doch Tee und Süßgebäck sind eigentlich nur Beiwerk, zum Magnet ist der Stall wohl geworden, weil er einfach einen ganz anderen und dazu sehr authentischen Weihnachtsrahmen bietet: schlicht und einfach, dennoch aber festlich und eine besondere Wärme ausstrahlend.
"Nach und nach haben wir den Stall hergerichtet, in jedem Jahr kam ein Raum dazu", erzählt Schwester Anne-Meike. Mittlerweile wird jede Ecke des Stalls genutzt. 300 Leute passen hinein. "Und meistens sind es auch so viele, die nach den ,Zehn Minuten‘ kommen", weiß die Leiterin der Pilgerzentrale. Viele der Gäste statten dem Stall aber auch schon vor den Weihnachtstagen einen Besuch ab - spenden selbst gebackene Plätzchen und Tee. "Ohne diese Hilfe könnten wir das gar nicht mehr bewerkstelligen", sagt Schwester Anne-Meike. Dennoch: Jeder ist willkommen. Der Andrang - auch wenn er auf Berg Schönstatt nur zu Weihnachten derart groß ist - freut die Schwestern.
Was Schwester Anne-Meike und Schwester Bernadett-Maria besonders strahlen lässt: das Beisammensein im Stall führt die Generationen zusammen und bringt wildfremde Menschen ins Gespräch.
Vom Enkelkind bis zu den Urgroßeltern: An der weihnachtlichen Stall-Zusammenkunft finden Menschen jeden Alters Gefallen. "Das baut auch für viele Menschen eine Tradition auf, die vielleicht zu Hause nicht mehr gegeben ist. Und sie erleben hier Weihnachten mit allen Sinnen", glaubt Schwester Anne-Meike, die im Stall schon viele Kinder hat groß werden sehen. "Manche kommen sogar mittlerweile schon mit ihren eigenen Kindern und geben so ihre Kindheitserfahrungen weiter."
Für die Schwestern bedeutet die Stall-Weihnacht natürlich auch viel Vorbereitung. "Das ist viel Arbeit, aber kein Stress", betont Schwester Anne-Meike jedoch. Dass dies auch ihre Mitschwestern so sehen, kann Schwester Bernadett-Maria nur bestätigen: "An jedem 24. im Monat zählen wir das ganze Jahr über, wie viele Monate es noch bis Weihnachten sind."