Koblenz - Das Landesuntersuchungsamt in Koblenz beanstandet im Schnitt jede zehnte Spielzeugprobe, die es in seinen Labors unter die Lupe nimmt.
Eine beunruhigende Zahl - gerade in der Vorweihnachtszeit, wenn zahllose Autos, Puppen und Kuscheltiere über den Ladentisch gehen. Und: Viele Produkte, bei denen schädliche Stoffe festgestellt werden, bleiben im Verkauf. Das kritisierte Verbraucherschutzminister Jochen Hartloff jetzt bei einem Besuch im Landesuntersuchungsamt.
"Es gibt noch zu viele gesundheitsschädliche Substanzen, für die es noch immer keinen gesetzlichen Grenzwert gibt", sagt Hartloff, "hier muss sich im Interesse der Kinder etwas tun." Das Land selbst hat hier kaum Möglichkeiten, die EU müsste ihre Spielzeugrichtlinie erweitern. Stattdessen wurden in diese zwar neue Substanzen aufgenommen, zugleich wurden andere Richtwerte aber entschärft. Das Landesuntersuchungsamt stellt also Stoffe fest, die die Gesundheit schädigen können - kann aber oft nichts tun, als den Importeur darauf hinzuweisen und zu hoffen, dass der auf den Hersteller Druck macht, der aber oft in Asien sitzt.
Beim Pressetermin im Landesuntersuchungsamt ist eine Art Gabentisch des Grauens aufgebaut. Vor niedlichen Plüschhunden und hübschen Puppen, rustikalen Holzeisenbahnen und lustigen Gummibällen prangen Unheil verkündende Schilder: Dispersionsfarbstoffe ist da zu lesen, leichtflüchtige Substanzen, Weichmacher, Schwermetalle. All diese und noch mehr Stoffe haben die vier Lebensmittelchemiker und zehn Laboranten des Arbeitsbereichs Bedarfsgegenstände in den Spielzeugen gefunden, die sie auf Schadstoffe untersucht haben.
Kontrolleure der Kommunen sammeln Spielwaren in Geschäften in der Region ein und geben diese ans Landesuntersuchungsamt weiter. Dabei achten sie bereits auf grelle Farben oder Gerüche, die auf Schadstoffe hinweisen können. Gut 400 Spielzeuge werden im Jahr geprüft, in diesem Jahr wurden von 318 Proben bisher 17 beanstandet. "Die Beanstandungsquote bei Spielzeug ist relativ konstant", sagt Dr. Stefan Bent, Präsident des Amts. Einen Negativtrend gibt es also nicht - aber auch keine Verbesserung durch die zahlreichen Kontrollen.
Da, wo festgelegte Grenzwerte überschritten werden, werden die Produkte in ein europaweites Schnellwarnsystem eingestellt, zum Teil werden sie auch vom Markt genommen. Das gilt zum Beispiel für einige krebserregende Azofarbstoffe, die zum Beispiel in Puppenkleidern enthalten sein können. Einige Weichmacher, die in Schwimmtieren stecken können, gefährden die Fortpflanzungsfähigkeit und sind deshalb verboten. Formaldehyd hingegen, dass in Holzspielzeug enthalten sein kann, soll krebserzeugend sein, Dispersionsfarbstoffe können Allergien auslösen - aber das Landesuntersuchungsamt hat keine Handhabe dagegen. "Das ist höchst unbefriedigend", sagt Lebensmittelchemikerin Kristina Pötter, "wir finden etwas und können nichts dagegen machen." Die EU würde höhere chemische Anforderungen an Autoreifen stellen als an ein Kuscheltier, kritisiert Hartloff.
Verbrauchern rät der Minister, kritisch zu sein beim Einkauf: "Einige Mängel sind schon mit bloßem Auge und der eigenen Nase zu erkennen." Auch ein höherer Preis weist oft auf eine bessere Qualität hin, auch wenn es hier Ausreißer gibt. Wer zum Beispiel einen beißenden Geruch wahrnimmt, kann sich ans örtliche Gesundheitsamt wenden. Dieses gibt die Hinweise an das Landesuntersuchungsamt weiter. Für viele Verbraucher ist die Sicherheit von Spielzeug ein Thema, "aber die Schere klafft stark auseinander", so Hartloff. "Die einen sind höchst sensibilisiert, andere gar nicht."
Stephanie Mersmann
Sicherheit durch Prüfsiegel?
Nicht alle Prüf- und Gütesiegel bieten Sicherheit: Das europäische CE-Zeichen etwa vergeben die Hersteller selbst, eine unabhängige Prüfung wird damit nicht garantiert. Vertrauenswerter ist das GS-Zeichen für "Geprüfte Sicherheit": Die mit diesem Siegel gekennzeichnete Ware wurde von unabhängigen Dritten getestet, etwa dem TÜV.