Vorbeifahrende Züge und knatternde Mopeds auf der Landstraße nebenan - für Michael Schulte, der zuletzt vor Tausenden Fans in Köln gespielt hat, war die Geräuschkulisse des abendlichen Kobern-Gondorf ungewohnt. Für seinen Fanklub gab er am Samstagabend vor knapp 100 Gästen ein Dankeschönkonzert. Initiatorin der Aktion war Nicole Nink vom offiziellen Fanklub.
Sie stellte schon häufig den direkten Kontakt zwischen dem Musiker und seinen Fans her. "Für Michael und seinen Manager war das Dankeschönkonzert überhaupt kein Problem", sagt sie. Für die Fans war der kleine Rahmen, in dem der Auftritt stattfand, etwas ganz Besonderes. Einige waren dafür sogar von München, Berlin und Regensburg angereist.
Und so trat der 23-jährige Michael Schulte, der durch Coversongs auf YouTube und die Castingshow "The Voice of Germany" bekannt wurde, um halb neun auf die kleine Bühne. "Wenn ich mich heute nicht viel bewege", scherzte er gleich zu Beginn seines Auftritts, "dann, weil ich Angst habe, von der Bühne zu fallen." Doch der intime Rahmen tat der Stimmung keinen Abbruch. Im Gegenteil: Wenn gerade kein Zug vorbeifuhr, wurden die Stücke nur vom Zirpen der Grillen begleitet - ein Ambiente, das viel besser zum gefühlvollen Akustikkonzert passte als ein ausverkauftes Stadion.
An seine Anfangsjahre fühlte sich Michael Schulte trotzdem nicht zurückversetzt. Denn die Karriere des Musikers begann nicht in kleinen Klubs, sondern im Internet. Seine Coversongs wurden auf YouTube millionenfach angeklickt. "Das Internet empfand ich als geschützten Raum. Vor Publikum zu spielen, hätte ich mich damals nicht getraut." Der Schritt auf die Bühne war dann ein umso größerer: "Mein erster Auftritt fand direkt vor 5000 Leuten statt", sagte Schulte. Die Teilnahme an der Castingshow "The Voice of Germany" empfindet Michael Schulte rückblickend zwar als große Gelegenheit. Immerhin bekam er danach seinen ersten Plattenvertrag. Trotzdem will er sich nun von diesem Image lösen: "Ich möchte auf der Straße nicht immer nur als der Typ von 'The Voice' erkannt werden."
Trotz des Trubels um seine Person fehlt Michael Schulte jede Überheblichkeit. So spielte er zu Beginn lieber fremde Songs, weil er seine eigenen damals "einfach nicht gut genug fand". Und auch heute sieht er sich eher noch am Anfang seiner Karriere: "Die Fanbase ist da, aber ich beginne erst damit, mich hochzuspielen."
Für das Publikum in Kobern-Gondorf ist er längst der große Star. Über den kleinen Auftritt freuten sie sich daher umso mehr. Nach anderthalb Stunden und mehreren Zugaben kehrte dann in Kobern-Gondorf wieder die gewohnte Ruhe ein - nur gestört von vorbeifahrenden Zügen und der Landstraße nebenan.
Victor Franke