Winningen - Tradition wird beim Winninger Moselfest groß geschrieben. So waren am Freitagnachmittag bereits vor der offiziellen Eröffnung des wohl ältesten Winzerfestes Deutschlands Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in der August-Horch-Halle zur historischen "Zinntafel" zusammengekommen, um zusammen mit den Winzern noch einmal an die Ursprünge der Veranstaltung zu erinnern, um das traditionelle Winninger Hochzeitsessen (Markklößchensuppe und "Bröhfleisch") zu sich zu nehmen, um Musik- und Tanzdarbietungen zu genießen und natürlich auch, um den neuen Ehrenwinzer zu ernennen. Als 48. Mitglied wurde diese Auszeichnung dem stellvertretenden Chefredakteur der Rhein-Zeitung, Peter Burger, zuteil.
"Da habt ihr den richtigen ausgewählt", bestätigte Horst Schulze. Der in Winningen aufgewachsene und heute in Atlanta lebende Geschäftsmann steht wie kein Zweiter für die Bedeutung der Veranstaltung. Denn Schulze ist einer der berühmtesten Hoteliers der Welt, gründete die Ritz-Carlton-Gruppe, war lange Zeit deren Präsident und baute danach die, wie er selbst sagt, Ultra-Luxus-Hotelkette Capella auf, der er auch mit über 70 Jahren vorsteht. Trotz vieler Termine hat er die "Zinntafel" in den vergangenen 20 Jahren nur einmal verpasst. Diesmal machte er auf dem Weg nach Singapur Station in seiner Heimat. Sein Motto: "Alle Wege führen durch Winningen." Wie ein Promi wird Schulze hier nicht behandelt. Er gehört einfach dazu.
Einer seiner Nachfolger als Ehrenwinzer, Bruno Seibeld, Bürgermeister der VG Untermosel und 2012 in die Weingilde aufgenommen, hielt die Laudatio auf Burger und konnte sich ein paar Spitzen ob dessen Herkunft nicht verkneifen. Er ließ aber keinen Zweifel daran, dass Burger, obwohl er aus dem "benachbarten Ausland", nämlich Güls, stammt, die Auszeichnung verdient habe: "Du hast dafür gesorgt, dass das Qualitätsstreben der Winzer der Terrassenmosel landesweit Beachtung fand."
In seiner Dankesrede nutze Burger die Anwesenheit der rheinland-pfälzischen Umweltministerin Ulrike Höfken, um auf Probleme aufmerksam zu machen. Er beklagte die fehlende politische Lobby der Steillagenwinzer, äußerte sich besorgt über den Flächenrückgang in den Steillagen, den sinkenden Anteil des Rieslings und die Tatsache, dass Jahr für Jahr 70 Moselweingüter ihren Betrieb einstellen müssten.
In seinem Ansinnen, eine schützende Hand über die Steillagenwinzer zu legen, unterbreitete er den Vorschlag, die Steillagen der Terrassenmosel zum Unesco-Welterbe zu erklären. Dafür hatte sich Burger schlagkräftige Argumente zurechtgelegt. Die Steillagen seien ein Meisterwerk der menschlichen Schöpferkraft, ein einzigartiges, außergewöhnliches Zeugnis einer kulturellen Tradition, ein hervorragendes Beispiel einer überlieferten menschlichen Bodennutzung, sie stellten die Wechselwirkung zwischen Mensch und Umwelt dar und seien letztlich überragende Gebiete von außergewöhnlicher Naturschönheit und ästhetischer Bedeutung. "Damit habe ich bereits fünf der zehn möglichen Kriterien für eine Unterschutzstellung aus den Richtlinien der Unesco zitiert", sagte Burger und erntete für seine Rede großen Applaus. Das beste Argument für den Erhalt der Steillagen lieferten aber die Winzer selbst - mit dem Winninger Riesling, der bei der anschließenden Weinprobe serviert wurde.
Volker Schmidt