Koblenz - Als Hildegard Nedelciu am Mittwochmorgen die 7-Uhr-Nachrichten hört, traut sie zunächst ihren Ohren nicht. Die Seilbahn bleibt bis 2026, verkündet der Sprecher. "Da kamen mir sofort die Tränen", gesteht die Arzheimerin. Wir haben ihre und weitere Stimmen an der Seilbahn eingefangen.
Dann packt sie spontan drei gekühlte Sektflaschen in ihren Rucksack und fährt zur Seilbahnstation auf dem Festungsplateau, um die Entscheidung der Unesco, für die sie selbst so hart gekämpft hat, zu feiern.
Nicht nur die Arzheimerin zieht es zu den Gondeln. Noch bevor die Seilbahn am Mittwoch ihren Betrieb aufnimmt, fallen sich an Tal- und Bergstation Menschen in die Arme - und es sollen noch viele Freudentränen mehr werden, die an diesem Tag fließen.
"Seit April habe ich allein mehr als 10 000 Unterschriften für den Erhalt der Seilbahn gesammelt", berichtet Hildegard Nedelciu stolz. Und stolz ist sie auch, dass sie gemeinsam mit den Freunden der Bundesgartenschau nun eben doch nicht gegen Windmühlen gekämpft hat. Dann werden ihre Augen schon wieder feucht.
"Unser Einsatz hat sich gelohnt. Ganz ehrlich: Dass wir das erreichen, gleich eine Verlängerung bis 2026, das hätte ich nicht für möglich gehalten", sagt Renate Strunk sichtlich bewegt von den sich überschlagenden Ereignissen. Auch Strunk ist Mitglied bei den Buga-Freunden, auch sie hat für den Erhalt der Seilbahn demonstriert. Dass die Unesco so schnell und vor allem so großzügig einlenken würde, damit hätte Strunk aber nicht gerechnet.
"Eigentlich glaube ich nicht an Wunder, aber dieses hier ist eins", meint auch Mehran Faraji. Der junge Mann aus Niederberg nutzt die Seilbahn täglich. "Ich habe kein Auto, fahre nur Rad - und Seilbahn", erzählt er lächelnd. Dass die Seilbahn nun bleibt, hält er für eine weise Entscheidung der Unesco. "Ich hätte aber auch gedacht, die bleiben hart in Phnom Penh", gibt der 28-Jährige zu.
Noch gar nicht so richtig glauben, was da in Asien entschieden wurde, kann Neele Koch. Die 32-Jährige arbeitet im Reuffel-Kiosk nahe der Bergstation auf dem Festungsplateau, verkauft dort auch die Karten für die Seilbahn. Die junge Frau weiß: "Mein Arbeitsplatz hängt am Erhalt der Bahn." Jetzt hofft sie, dass ihr der Job länger erhalten bleibt.
Diese Hoffnung verbindet wohl auch die Belegschaft von Doppelmayr mit der Entscheidung der Unesco. Entsprechend groß ist die Freude am Mittwochmorgen bei Maschinist Michael Meyer. Aber nicht nur aus persönlichem Interesse ist Meyer erleichtert, dass Touristen und Einheimische nun zumindest noch bis 2026 weiter über den Rhein gondeln dürfen. "Für die Festung wäre der Abbau sicherlich eine Katastrophe gewesen. Ich erlebe es doch täglich, dass Touristen uns erzählen, dass sie nur hier hochkommen, weil die Seilbahn als zusätzliche Attraktion lockt", berichtet Meyer.
Zwei Beweisexemplare für diese Behauptung entsteigen just in diesem Moment der Gondel 17: Danny und Vera Lammers aus Nimwegen. "Was? Die Seilbahn sollte abgebaut werden? Um Himmels Willen! Warum das denn? Die ist doch für Touristen eine der Hauptattraktionen der Stadt", gibt das niederländische Paar zu Protokoll - und schwärmt vom traumhaften Ausblick hinunter ins Rheintal. Aber ohne Gondeln? "Da wären wir niemals hier hoch auf die Festung gekommen. Das ist doch viel zu kompliziert", meint Danny Lammers kopfschüttelnd.
Wenig später an der Talstation - ein ähnliches Szenarium: Annie und John Nielsen sind aus Dänemark zu Besuch in der Region. Nach Koblenz hat sie vor allem auch die Seilbahn gelockt, verraten die Skandinavier. "Und die Seilbahn passt auch in ein Welterbetal", meinen die beiden. Gleich nebenan wird Willi Heines, stellvertretender Betriebsleiter der Seilbahn, gerade von einem TV-Team vor die Fernsehkamera postiert. "Freuen Sie sich?", will die Reporterin wissen. "Sehr", sagt Heines. "Wir sind froh, dass wir das erreicht haben." Blümchen und Sekt habe es heute auch schon an der Talstation gegeben. "Wobei wir den Sekt natürlich erst heute Abend trinken werden", fügt Heines schnell hinzu. Tagsüber fließt dagegen vor allem eines: Schweiß.
Von unserer Mitarbeiterin Annette Hoppen