Koblenz - Pure Freude herrschte in Koblenz, nachdem die Nachricht aus Kambodscha wie eine Bombe eingeschlagen war. Viele würdigten das, was in den vergangenen Wochen und Monaten dazu beigetragen hat, dass die Seilbahn nun bis 2026 fahren darf. Und hier und da wurde auch schon ein erwartungsvoller Blick in die Zukunft geworfen.
„Es gibt keinen Haken, kein Wenn und Aber: Die Seilbahn darf bis zum Ende der technischen Haltbarkeit fahren", freut sich Oberbürgermeister Joachim Hofmann-Göttig. Das ist deutlich mehr, als er erwartet hatte, und er dankt ausdrücklich der deutschen Delegation in Phnom Penh, der Firma Doppelmayr, dem Stadtrat, vor allem aber den Bürgern: „Das ist eine richtige Volksbewegung, das Thema brannte den Menschen unter den Nägeln."
Befeuert wurde dies von den Freunden der Bundesgartenschau, die nicht nur mittlerweile 105 000 Unterschriften für die Seilbahn gesammelt haben, sondern auch zusammen mit dem Dehoga die Demo am vergangenen Freitag auf die Beine stellten. „Was wir nun geschafft haben, ist nicht nur ein Etappenziel, sondern ein Erfolg auf der ganzen Linie", sagt Hans-Dieter Gassen, Vorsitzender der Buga-Freunde. Explizit dankte er „unserem Freund Frankreich", dessen Botschafter die Diskussion im Welterbekomitee angestoßen hatte.
Planungssicherheit für die Zukunft bedeutet die Entscheidung für die Firma Doppelmayr. „Wir waren von einer Verlängerung um zunächst zwei Jahre ausgegangen. Dass das nun so schnell und gut entschieden wurde, ist ein gutes Gefühl", sagt Günter Troy, Bereichsleiter Deutschland. Ob die Seilbahn nun in jedem Fall bis 2026 läuft, darauf wollte er sich im Gespräch mit der RZ nicht festlegen. „Aber die ersten Weichen haben wir gestellt."
Für die österreichische Firma ist das Koblenzer Projekt auch deshalb so interessant, weil Seilbahnen im urbanen Raum ein Geschäft mit Zukunft sind – und Koblenz ein perfektes Beispiel. Eine Delegation aus Hamburg war kürzlich bereits am Rhein, um sich hier Anregungen zu holen.
Eine Umgestaltung der Talstation – wegen ihrer Nähe zur Basilika St. Kastor ein Problem für die Denkmalschützer – ist übrigens nicht vom Tisch, auch wenn die Unesco dies nicht fordert. Ohne Druck will man sich nun mit Kirche, Denkmalschützern und anderen Beteiligten zusammensetzen und sehen, ob man eine Lösung findet, mit der alle leben können. Die Landesdenkmalpflege, die sich klar gegen die Seilbahn positioniert hatte, wollte sich gestern übrigens nicht äußern.
Für Frank Hastenteufel eröffnet der Fortbestand der Seilbahn auch außerhalb der Festung enorme Chancen. So soll auf dem Gelände der Fritsch-Kaserne ein neuer Stadtteil entwickelt werden. Dieser würde wegen der Seilbahn quasi altstadtnah liegen und wäre für Investoren hoch interessant. „Es gibt bereits einige private Interessenten", sagt der Leiter des Amtes für Stadtentwicklung. Nach den Sommerferien soll es Gespräche mit möglichen Investoren und der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) geben.
Die Bima würde das 15 Hektar große Areal am liebsten in einem Stück verkaufen. Die Stadt favorisiert dagegen eine mehrstufige Bebauung des Geländes. „Wir wollen eine hohe Qualität dorthin bringen", erklärt Hastenteufel, der aber auch klarstellt: Ohne Unterstützung wird die Stadt das Großprojekt nur sehr schwer stemmen können.
Koblenzer Stadtentwicklung ist für Hanspeter Faas kein Thema (mehr). Aber auch von Heilbronn aus hat er die Diskussion um den Fortbestand der Seilbahn interessiert verfolgt, erzählt der Buga-Mann. Dass die Seilbahn nun bleiben darf, passt sich für ihn in die aus seiner Sicht ganz außergewöhnliche Situation an Rhein und Mosel ein: „Ich habe viele Gartenschauen gemacht, aber nirgendwo ist die Nachnutzung so sensationell gelungen wie in Koblenz." Und da gehört die Seilbahn dazu.
Deutlich weniger euphorische Worte findet Egbert Bialk, Vorsitzender des BUND Koblenz, der sich von Anfang an gegen die Seilbahn an dieser Stelle gewendet hatte. „Gleichwohl sehen wir natürlich auch die Vorteile der Bahn hinsichtlich der emissionsarmen Erschließung des Festungsplateaus samt seiner Kulturangebote und als Magnet für den Tourismus und die Wirtschaft in diesem Bereich", so Bialk. Insofern gratuliere man den „Seilbahnaktivisten" für den „unerwartet klaren Erfolg".
„Allerdings hoffen wir, dass nach Abklingen der Euphorie auch wieder ein paar nachdenkliche Stimmen Berücksichtigung finden." Wichtig sind dem BUND nun eine Einbindung in den ÖPNV, Sozialtickets und die Umplanung der Talstation.
„Alles roger in Kambodscha": So kommentiert Berti Hahn die Entscheidung der Unesco. Der Inhaber des Café Hahn und Generalbetreiber der Festung Ehrenbreitstein freut sich mit seinem Teilhaber Philipp Putzer kaum überraschend darüber, dass die Seilbahn bis 2026 gondeln wird. „Wir haben endlich Planungssicherheit", sagt Putzer. Jetzt könne auch über langfristige Investitionen nachgedacht werden, etwa über eine zentralisierte Küche für die Gastronomiebetriebe auf der Festung. Gleiches gilt für das kulturelle Programm, das beide nun „langfristig und vielseitig planen können".
Die Veranstalter hatten natürlich auf die langfristige Lösung für die Seilbahn gehofft, aber auch für den Fall vorgesorgt, hätten die Gondeln im Frühjahr 2014 abgehängt werden müssen, sagt Hahn: „Ohne Seilbahn kommen deutlich weniger Tagestouristen, weshalb wir unser Konzept hätten umstellen müssen."
Von Anke Hoffmann, Reinhard Kallenbach, Stephanie Mersmann und Doris Schneider