Koblenz - Die Stadt Koblenz geht auf Gänsejagd - und das mitten im Freibad Oberwerth. Dort fühlen sich ganze Schwärme der Vögel zunehmend heimisch. Und das bringt für die Stadt erhebliche Probleme mit sich.
Von unserem Redaktionsleiter Ingo Schneider
Die Gänse haben nämlich zuletzt die Becken und Wiesen regelmäßig stark mit ihrem Kot verdreckt, berichtet Stadtpressesprecher Thomas Knaak unserer Zeitung. Und da alle Versuche, die Tiere von dem Gelände fernzuhalten oder zu vertreiben, erfolglos blieben, wird jetzt scharf geschossen.
"Die Population hat drastisch zugenommen", berichtet Dieter Kronenberg von der Unteren Jagdbehörde der Stadt Koblenz. Vor allem Nil- und Kanadagänse gebe es offenbar viel mehr als früher. Und entsprechend sehen die Schwimmbecken und Wiesen aus. Nach jedem Besuch der Gänse muss aufwendig gereinigt werden. Die Qualität des Wassers wird täglich kontrolliert. Wegen der Gänsebesuche, so Kronenberg, musste schon der Chlorgehalt im Wasser hoch- und die Temperatur runtergefahren werden. Das müsse sehr ernst genommen werden, bevor es zu Gesundheitsgefahren kommt und das Gesundheitsamt einschreitet.
An Versuchen, die Gänse zu vertreiben, hat es nicht gemangelt. Flatterbänder wurden verteilt, Stöcke mit Stanniolpapier kamen zum Einsatz, genauso wie Ultraschall. Und auch mit Hunden wurden die Gänse schon aufgescheucht - allerdings nur, um sich 50 Meter weiter wieder im Wasser niederzulassen. Kronenberg: "Wir haben alles probiert. Es geht nicht anders." Jetzt wird also geschossen.
Und das im Übrigen nicht auf Graugänse, denn sie unterliegen nicht dem Jagdrecht. Für die anderen Gänse ist es im Schwimmbad Oberwerth aber seit Herbst ungemütlich geworden: Regelmäßig erwartete sie zuletzt ein Jäger auf dem Hochsitz. Ein speziell ausgesuchter, höchst zuverlässiger Jäger wird eingesetzt, so Kronenberg. Und er darf wegen der Nachbarschaft zur Wohnbebauung nur in einem klar definierten Bereich schießen. Und nur in einem bestimmten Winkel, so dass die Schüsse in den Boden gehen. Hinter dem Bereich wurde zur Sicherheit ein Erdwall angelegt, der Boden wurde von Steinen befreit, um Querschläger zu vermeiden.
Die Reaktionen von Anwohnern, denen die Jagdaktivitäten aufgefallen sind, seien bislang durchweg positiv ausgefallen. Endlich passiere mal was, sei die Rückmeldung. Denn auch die Anwohner am Rhein hätten bereits schlechte Erfahrungen mit den Gänsen gemacht, berichten von Autos, Sitzbänken und Straßen voller Kot.
Wie viele Nil- und Kanadagänse bislang geschossen wurden, kann Dieter Kronenberg nicht sagen. Das Jagdjahr endet zum 31. März, dann erhalte er eine Zwischenbilanz. Dem beauftragten Jäger ginge es aber keinesfalls darum, "Strecke zu machen" und möglichst viele Tiere abzuschießen. Im Gegenteil: Er erlege jeweils dann, wenn gerade viele Gänse im Bad sind, eine einzelne, um eine möglichst große Abschreckungswirkung zu erzielen. Doch auch das gelingt nur eingeschränkt. "Die, die es mitbekommen, kommen so schnell nicht wieder", ist Kronenberg überzeugt. Aber es kommen immer wieder neue nach. Es scheint derzeit einfach viel zu viele Gänse in der Gegend zu geben. Gejagt werden sie auf dem Rhein auch nicht. Dafür wäre der Bund zuständig, da es sich um eine Bundeswasserstraße handelt. Doch der, so Kronenberg, jagt sie nicht - und so vermehren sie sich ungehindert.
Ob die drastische Methode der Gänsevertreibung letztlich ein Erfolg wird, bleibt bis zur nächsten Badesaison abzuwarten. Kronenberg: "Wir hoffen es."
Woher kommt die Nilgans?
Kanada- und Nilgänse sind inzwischen in unserer Region weit verbreitet. Dabei ist die Nilgans eine der neuesten Tierarten an Rhein und Mosel, wie Manfred Braun, Naturschutzreferent der SGD Nord, erklärt. Die Nilgans brütet laut Braun in Deutschland erst seit 1989, in der Koblenzer Region seit etwa zwölf Jahren. Ursprünglich war sie in fast ganz Afrika verbreitet. Nach Europa kam sie als Ziergeflügel, seit den 1970er-Jahren breitet sie sich vor allem entlang des Rheins aus.