Bendorf/Sayn - In Bendorf schwärmen Melchior, Kaspar und Balthasar gleich in 30-facher Ausfertigung aus. Allerdings haben die Weisen der Neuzeit auch nicht nur ein Kind im Fokus: Sie wollen Flüchtlingskindern in Malawi und weltweit helfen.
Von unserer Mitarbeiterin Annette Hoppen
Eigentlich sind es ja nur drei Weise aus dem Morgenland, die der biblischen Geschichte nach im Stall zu Bethlehem dem neugeborenen Jesuskind mit Gold, Weihrauch und Myrrhe huldigten. In Bendorf schwärmen dagegen am Wochenende Melchior, Kaspar und Balthasar gleich in 30-facher Ausfertigung aus. Allerdings haben die Weisen der Neuzeit auch nicht nur ein Kind im Fokus: Sie wollen Flüchtlingskindern in Malawi und weltweit helfen.
In die Gewänder der Könige sind deshalb in Bendorf und auch im Stadtteil Sayn Messdiener und junge Leute der Katholischen Jugend (Kaju) geschlüpft. Ihre Mission verbindet sie mit Tausenden von Jugendlichen in ganz Deutschland: Sie wollen Spenden sammeln für Kinder, denen das Schicksal nicht so hold war wie ihnen selbst. "Segen bringen. Segen sein": Unter diesem Motto läuft in diesem Jahr das Dreikönigssingen des Kindermissionswerks und des BDKJ (Bund der Deutschen Katholischen Jugend).
Die Bendorfer Königs-Armada trifft sich dazu am Freitagmorgen im Pfarrheim: Gewänder werden verteilt, Kronen angepasst, jede Gruppe erhält einen Stern, eine Spendendose - und Kreide. Die segnet der Diakon vorweg. Damit der Schriftzug, den die Sternsinger mit der Kreide auf die Haustüren schreiben, ebenso segensreich sein soll. 20*C+M+B*14: Wer möchte, dem schreiben die Sternsinger diese Abkürzung auf die Türzarge. Was sie bedeutet, erklärt Fabian Wagner (17), der als Kaju-Betreuer eine der Stirnsingergruppen in Bendorf begleitet. "Die Buchstaben stehen für Christus Mansionem Benedicat, was übersetzt heißt: Christus segne dieses Haus", erklärt der junge Mann. Dass er heute, wie fast in allen Jahren seit seiner Erstkommunion, mit den Sternsingern unterwegs ist, ist für Fabian fast schon eine Selbstverständlichkeit.
"Uns geht es ja hier gut. Und das besonders an Weihnachten, wenn auch noch viele Kinder ihre Geschenke unter dem Weihnachtsbaum liegen haben. In einer solchen Zeit auch an die Kinder zu denken, denen es auf dieser Welt weniger gut geht, finde ich eine gute Sache. Das ist wichtig", sagt Fabian. David Schneider (19) und Konstantin Schmengler (15), die die Sternsinger-Truppe ebenfalls als Betreuer begleiten, sehen das ähnlich: "So kann man sich direkt und mit eigener Initiative engagieren", ergänzt Konstantin Schmengler.
Musikalische Initiative legen da gerade Lisa und Alexander Schmidt (8 und 11), sowie Julian Dilla und Philipp Bühler an den Tag. "Die Heiligen Drei Könige mit ihrigem Stern, die kommen gegangen, ihr Frauen und Herren. Der Stern gab ihnen den Schein: ein neues Reich geht und herein", singen sie an der Tür von Elisabeth Kraus an der Bendorfer Hauptstraße. Die Frau strahlt. "Wunderbar habt ihr das gemacht", lobt sie, steckt einen Geldschein in die Spendendose und eine Tüte Süßigkeiten in eine Stofftasche, die die Königskinder um ihre Schulter hängen haben.
Dann schreibt Fabian das 20*C+M+B*14 an die Haustür, auf die Elisabeth Kraus extra für den Segensspruch ein Stück Tafelkreide-Folie angebracht hat. "Ich glaube fest daran, dass der Segen Glück bringt, und schätze die Sternsingertradition sehr", verrät die Bendorferin. In der beschaulichen Rheinstadt werden die Sternsinger oft so herzlich empfangen. "Manchmal bekommen wir auch eine heiße Trinkschokolade oder einen Tee", weiß Alexander Schmidt noch vom Vorjahr. "Dass uns die Tür vor der Nase zugeschlagen wird, das passiert hier wirklich höchst selten", berichtet auch Konstantin. Sogar bei den Mitbürgern, deren kulturelle und religiöse Wurzeln nicht christlich dominiert sind, werden die Sternsinger zumeist freundlich empfangen. "Den Segensspruch wollen die Leute dann zwar oft nicht auf ihre Türe geschrieben haben, aber sie spenden etwas", weiß David aus Erfahrung. Dann marschiert die Truppe weiter - und betritt das Königslied singend den Verkaufsraum einer Tankstelle. Anita Bartsch, die hier gerade einen Kunden bedient, heißt die Sternsinger herzlich willkommen. Nein, mit dem Glauben, da habe sie nicht so viel am Hut, gesteht die Frau. "Ich sehe das eher als kulturelle Folklore - und die gefällt mir", sagt sie. Jedes der Kinder darf sich dann einen Schokoriegel nehmen - und auch die Spendendose wird weiter gefüllt.
Bis zum späten Nachmittag soll der Umzug der Gruppe entlang der Hauptstraße noch weitergehen. Das Areal der Gruppen wird von Jahr zu Jahr größer. Der Grund: Zwar gibt es noch genug enthusiastische Sternsinger - aber die Zahl der Freiwilligen wird dennoch von Jahr zu Jahr weniger. Das bedauert auch Jochen Schneider, Vorsitzender des Pfarrgemeinderates in Sayn. Dort sitzen am Donnerstagmorgen rund 15 Kinder im Pfarrheim an der Abtei und basteln Kronen. "Früher waren es doppelt so viele Kinder", erinnert sich Schneider. Doch heute ist die Konkurrenz groß: Viele Freizeitaktivitäten locken, dazu sind gerade Weihnachtsferien. "Da schwindet dann schon einmal die Bereitschaft für soziales Engagement".
Klagen will Schneider aber nicht, sondern ist froh über die, die gekommen sind. Zu denen gehören die beiden Schwestern Tabita (8) und Ariane (11). Und auch die Mutter der beiden Mädchen, Pamela Klar, hilft beim Basteln der Kronen. Dass ihre Kinder am Wochenende für die Ärmsten der Armen Spenden sammeln wollen, unterstützt die Saynerin auch aus einem persönlichen Motiv heraus. "Ich komme aus Bolivien, aus einem armen Land also. Ich habe am eigenen Leib erfahren, dass es Menschen auf dieser Erde gibt, die die Hilfe der reichen Länder brauchen", sagt die Frau aus Südamerika. Auch ohne die Erfahrung hat Heike Steiert ihren Stiefsohn Leon (8) dazu bewegen können, am Donnerstag ins Sayner Pfarrheim zu kommen. "Leon soll lernen, dass Teilen nicht nur wichtig ist, sondern auch Freude macht", hofft Heike Steiert.