Koblenz - Eine proppenvolle Stadt, Menschen in Adventsstimmung, die zwischen Geschenkejagd in Geschäften und Weihnachtsmarkt samt Glühweinduft und Waffelaroma pendeln - was für ein Publikum! Wenn so viel los ist in den Koblenzer Einkaufsstraßen und auf den Plätzen der Altstadt, versprechen sich auch die zahlreichen Straßenmusiker gute Geschäfte. Doch die Resonanz der Passanten ist eher gemischt - wie auch ihre Gebefreudigkeit.
Von unserem Mitarbeiter Winfried Scholz
"Jingle Bells" erklingt im professionellen Swingsound in der Löhrstraße/Ecke Pfuhlgasse. Eine Jazzcombo aus Bulgarien bietet hohes künstlerisches Niveau, doch das Publikum zeigt wenig Interesse. Die meisten machen einen großen Bogen um die fünf Musiker. Ein Jugendlicher springt in hohem Bogen über den als Kasse dienenden Akkordeonkasten, in dem nur wenige Münzen liegen. Ebenfalls eher mau laufen die Geschäfte bei Leonardo Bochori aus Slowenien. Der Straßenkünstler steht in der prächtigen Tracht eines venezianischen Cavaliere zur Statue erstarrt an den Vier Türmen.
Kaum Aufmerksamkeit erfahren auch Laura Will und Lorena Seegler aus Welschneudorf, als sie mit ihren Gitarren am Forum in der Nähe der Eislaufbahn Weihnachtslieder darbieten. Ihren Erlös wollen sie der Jugendaustauschorganisation AGS spenden - viel kommt hier nicht zusammen. Bessere Einnahmen erzielen die beiden Gymnasiastinnen später auf der Löhr- straße. Nach einer Auflage des Ordnungsamts müssen die Straßenmusiker alle halbe Stunde ihren Standort wechseln. Laura zeigt sogar gewisses Verständnis für die vorbeihastenden Leute: "Die haben keine Zeit. Die müssen Weihnachtsgeschenke kaufen." Gut gefüllt ist der Hut eines jungen Amerikaners, der mit seinem kleinen Akkordeon vor dem Görres-Gymnasium in der Altstadt musiziert. Die drei Max-von-Laue-Schülerinnen Caroline, Maike und Rosa spielen später auf ihren Klarinetten an der Ecke Plan/Entenpfuhl klassische deutsche Weihnachtslieder. Mit den Einnahmen, die sie exakt auf erstaunliche 18 Euro pro Stunde und Person beziffern, wollen sie ihr Taschengeld aufbessern.
Zu diesem Zweck präsentieren auch die Andernacher Gymnasiastin Caroline Haupt und der Koblenzer Praktikant Niklas Schmidt am Entenpfuhl/Ecke Rathauspassage eher poppige Weihnachtslieder. Ihre recht guten Einnahmen in Höhe von rund 80 Euro in zwei Stunden verdanken sie wohl Carolines hervorragender Gesangsstimme. Davon beeindruckt zeigt sich auch David (23) aus St. Goar. Er bleibt stehen, nickt wohlwollend und zückt sein Portemonnaie. Zur RZ sagt er: "Die Musik gefällt mir. Das sollte man unterstützen. Weihnachten ist auch ein Fest des Gebens und nicht nur des Nehmens."
Großer Andrang herrscht beim Musikverein "Baybachtal" Sevenich, der an den Vier Türmen traditionelle Weihnachtslieder darbietet. Vorsitzender Christian Rötsch schätzt die Einnahmen auf 1500 bis 2000 Euro. Und die sind komplett für die Elterninitiative krebskranker Kinder in Koblenz bestimmt. Seit mehr als 15 Jahren musiziert der Hunsrücker Musikverein in der Adventszeit in Koblenz für den guten Zweck.