In erster Linie geht es dem Betriebsrat darum, die Arbeitsbedingungen der knapp 2000 Mitarbeiter zu verbessern. Das hat jetzt mit kleinen Dingen angefangen wie mehr Wasserspendern und Eis, das bei der aktuellen Hitzewelle an alle verteilt wurde. Ein Helikopter hat eine Klimaanlage für die großen, bislang unklimatisierten Hallen des Gebäudekomplexes eingeflogen - eine wichtige Forderung im Betriebsratswahlkampf.
Eine grundsätzlichere Forderung ist, die Zahl der befristet Beschäftigten zu reduzieren. "Wir streben eine Quote von 70 bis 80 Prozent Festangestellten in den ersten drei Quartalen des Jahres an", erklärt Faltin. Im vierten Quartal sei dies nicht möglich, da wegen des starken Weihnachtsgeschäfts immer zusätzliche Saisonarbeitskräfte beschäftigt werden müssen. Wie hoch die Quote der Festangestellten zurzeit ist, will Faltin nicht sagen, "aber wir sind weit davon weg". Die Forderung, keine Leiharbeiter, sondern nur "Leute von hier" zu beschäftigen, unterstütze auch die Koblenzer Geschäftsleitung. Für diese findet Faltin ohnehin lobende Worte: "Wir werden in unserer Arbeit großzügig unterstützt." Schon das aktuelle Betriebsratsbüro sei mit allen technischen Möglichkeiten ausgestattet. Ein neues Büro direkt im Eingangsbereich wird nach den Vorstellungen des 19-köpfigen Gremiums mit Faltin und seinem Stellvertreter Hans-Joachim Fuchs an der Spitze noch eingerichtet. In ihrem Büro hat der Betriebsrat schon jetzt feste Sprechzeiten, vier Mitglieder wurden dafür freigestellt.
Man bekommt den Eindruck, dass die Geschäftsleitung alles richtig machen will in einem Jahr, in dem die Arbeitsbedingungen bei dem Internet-Versandhändler schon bundesweit öffentlich am Pranger standen und an zwei von acht deutschen Standorten für einen Tarifvertrag gestreikt wurde und wird. "Die Leute stehen hundertprozentig zu ihrem Arbeitgeber: Viele von ihnen waren Vergessene, und bei Amazon bekommen sie Anerkennung. Aber sie sind auch der Meinung, dass sie unterbezahlt sind", sagt Faltin.
Als eine Folge der Streiks wurde eine Betriebsvereinbarung zum Weihnachtsgeld geschlossen, das nun den Angestellten in allen deutschen Logistikzentren gezahlt wird. "Das ist zwar nicht in tariflicher Höhe, aber es ist ein Anfang", so Faltin. Bei einem Tarifvertrag für alle deutschen Logistikzentren sträubt sich Amazon allerdings noch. "Ich persönlich meine, Amazon verweigert sich noch total, das wird noch mehrerer Streiks bedürfen." In Koblenz sei ein Streik zurzeit aber kein Thema.
Stephanie Mersmann