Koblenz/Region - Mit Ungeduld erwarten die Mitarbeiter des Amazon-Logistikzentrums am Koblenzer Kreuz die Wahlen zu ihrem ersten Betriebsrat. "Die Belegschaft wartet darauf, dass nun endlich gewählt wird", sagt Jürgen Rinke-Oster, Gewerkschaftssekretär im Verdi-Bezirk Koblenz/Trier.
Am Mittwoch, 19. Juni, sind von 5.30 bis 20 Uhr knapp 2000 feste wie befristete Mitarbeiter zu den Urnen gerufen. Rinke-Oster erwartet eine hohe Wahlbeteiligung.
Denn die Notwendigkeit ist groß, so der Gewerkschafter: "Von offizieller Seite heißt es immer, dass alles in Ordnung ist und alle zufrieden sind", sagt Rinke-Oster auch mit Blick auf die Politik. "Aber tatsächlich gibt es immer wieder Probleme." Die Klimaanlage mache Ärger, und auch die Kantine, der Gesundheitsschutz und Pausen sind Themen. Beschwerden gibt es auch über den Umgangston der Vorgesetzten, und bei der Fortführung von befristeten Arbeitsverträgen wird mehr Transparenz gefordert. "Aber kaum einer traut sich, etwas zu sagen, deswegen sind wir heilfroh, wenn endlich ein Betriebsrat gewählt wird", betont Rinke-Oster.
Der Betriebsrat wird aus 19 Personen bestehen, die Mitarbeiter haben die Wahl zwischen sechs eingereichten Listen. Eine davon ist die Verdi-Liste "Robin Hood" mit Verdi-Vertrauensmann Norbert Faltin und Werner Eis an der Spitze. Seit die Listen vor drei Wochen veröffentlicht wurden, ist die Wahl ein großes Thema im Logistikzentrum. Mit der Betriebsleitung habe man dabei immer konstruktiv zusammengearbeitet, so Rinke-Oster - auch in den Zeiten, als die Arbeitsbedingungen bei Amazon bundesweit für Schlagzeilen sorgten.
Das bestätigt der ehemalige Oberbürgermeister Eberhard Schulte-Wissermann: "Ich habe das sichere Gefühl, dass die Unternehmensleitung nicht daran interessiert ist, eine Eskalation heraufzubeschwören." Diese kenne schließlich die Gesetze zum Thema Betriebsrat, "auch wenn sie sich bestimmt nicht darüber freut". Der Rechtsanwalt wurde beauftragt, die Betriebsratswahl zu begleiten.
Am Mittwoch ist Schulte-Wissermann bei der Auszählung der Stimmzettel und der Feststellung des Wahlergebnisses dabei. Schon am 1. März war er bei der Wahlversammlung anwesend, als zunächst ein siebenköpfiger Wahlvorstand gewählt wurde. "Schon damals war die Stimmung konstruktiv und sehr bestimmt. Die Leute wollen diese Wahl unbedingt", sagt Schulte-Wissermann. Ein Betriebsrat könnte zum Beispiel Klarheit beim Thema Entlohnung bringen. Denn dieser hat das gesetzliche Recht, Einblick in die Bruttolohn- und Bruttogehaltsliste zu nehmen um eventuelle Ungerechtigkeiten und die Gleichbehandlung zu prüfen, betont der Alt-OB.
Von unserer Redakteurin Stephanie Mersmann