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Marienbruder vor Gericht: Geld mit Frauen verprasst?

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Koblenz/Vallendar - Er war jahrelang ein geschätzter Bruder der Schönstätter Kirchengemeinschaft in Vallendar - bis der Verdacht aufkam, dass er einen recht unchristlichen Lebensstil pflegte: Die Staatsanwaltschaft wirft dem einstigen Ökonomen der Gemeinschaft vor, 660 000 Euro beiseitegeschafft zu haben. Der 42-Jährige, der aus Sierra Leone stammt, soll einen Teil ins Ausland überwiesen haben. Und: Er soll Geld mit mehreren Frauen verprasst haben.

Von unserem Redakteur Hartmut Wagner

Am ersten Prozesstag am Landgericht Koblenz hat der Angeklagte die Vorwürfe bestritten. Daraufhin schlug Oberstaatsanwalt Hans Peter Gandner vor, man könne "die ganzen Mädels" ja als Zeuginnen laden. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten 333 Fälle von Untreue vor. Er sitzt in Untersuchungshaft und ist inzwischen aus der Gemeinschaft der Marienbrüder ausgetreten.

Es ist bereits der zweite Prozess gegen den Ex-Ökonomen - der erste wurde Anfang Dezember abgebrochen. Damals sprang der Angeklagte am dritten Verhandlungstag plötzlich von seinem Stuhl auf und erklärte: "Ich höre Stimmen!" Inzwischen ist er offenbar genesen. Jedenfalls sagte er am Montag vor Gericht: "Mir geht es gut."

Laut Anklage täuschte der 42-Jährige von 2008 bis 2013 in Hunderten Fällen vor, für die Marienbrüder Rechnungen zu begleichen - bei Rewe, Metro oder einer Apotheke. Er nannte die Unternehmen auch in den Überweisungsträgern. Aber: Er gab nicht deren Konto an, sondern eines seiner zehn eigenen. Das überwiesene Geld hob er später ab, mal nachts, mal frühmorgens an einem Automaten am Koblenzer Bahnhof.

Der Angeklagte versuchte sich im Prozess an einer Erklärung: Ja, er habe Geld auf sein Konto überwiesen. Aber nein, er habe es nicht selbst eingesteckt, sondern am Automaten abgehoben - und seinen Brüdern in bar ausbezahlt. Die hätten nämlich zum Beispiel bei Rewe eingekauft, das Geld vorgestreckt und dann von ihm zurückverlangt.

Hier hakte der Vorsitzende Richter Ulrich Buddendiek ein. Er wies darauf hin, dass der Angeklagte im Januar 2009 allein für einen Einkauf im Rewe-Markt 489 Euro vom Konto der Gemeinschaft auf sein Privatkonto überwies. "489 Euro?!", fragte der Richter mit spöttischem Unterton. "Da war der Einkaufswagen aber pickepacke voll." Und: "Mit dem Geld kann man ja die Puppen tanzen lassen!"

Die Marienbrüder aus Vallendar sind eine 71 Jahre alte Männergemeinschaft. Wichtig ist ihnen "Freiheit von persönlichem materiellen Reichtum und dem üblichen Zweierbeziehungsmodell". Der Prozess geht am 12. Februar weiter.


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