Das 52-jährige Opfer gibt am zweiten Verhandlungstag im Prozess vor der Neunten Großen Strafkammer des Landgerichts mehr Rätsel auf als der 27-jährige Angeklagte. Dieser schweigt weiterhin zum vermeintlichen Raubüberfall am 9. März dieses Jahres am McDonald´s-Restaurant an der B 9 in Koblenz, bei dem das Opfer schwer verletzt wurde (die RZ berichtete). Fest steht schon jetzt: Ein Raubüberfall war es nicht, denn es wurde nichts geraubt. Was bleibt, ist ein brutaler Überfall.
"Es stimmt nicht, dass der oder die Täter mir 60 Euro geraubt haben", sagt der 52-Jährige vor Gericht. Das Geld sei später in seinem Auto gefunden worden. Das Opfer arbeitet als Walzwerker in Sobernheim. Am 9. März besuchte er seine Freundin (45) in Koblenz. Dort wurde Besuch erwartet. Vorher wollte der 52-Jährige aber noch etwas trinken. Das missfiel der Freundin. Es kam zum Streit. Daraufhin verließ der Mann die Wohnung und fuhr tanken. Danach parkte er seinen Wagen auf dem McDondald´s-Parkplatz, ging in das Restaurant und kaufte alkoholische Getränke, die er im Auto zu sich nahm.
Da er nun aber zu alkoholisiert war, um Auto zu fahren, wollte er in dem Restaurant seine Freundin anrufen und sie bitten, in abzuholen. Auf die Frage von Gericht und Verteidiger, warum er denn nicht vom Auto aus telefoniert habe, wusste er keine Antwort. Auf dem Weg zum Restaurant wurde er dann von hinten überfallen und übel zugerichtet, ob von einem oder mehreren Männern kann er auch nicht sagen. Von da an werden die Angaben unklar. Vor der Polizei sagte der Verletzte, er sei aus dem Kasino gekommen, wo er Geld gewonnen habe. Das Geld war weg, deshalb ging die Polizei irrtümlich von einem Raubüberfall aus.
In einer späteren Version sagte der 52-Jährige, nachdem er aus einer Ohnmacht erwacht sei, habe eine Frau neben ihm gestanden und gesagt, er sei aus dem Kasino gekommen. Er selbst wisse das gar nicht. Heute sei ihm klar, dass er nie im Kasino war. Nach den weiteren Ausführungen des 52-Jährigen wurde er ein paar Tage später von der Mutter des Angeklagten im Krankenhaus angerufen, die ihn fragte, ob er ihren Sohn angezeigt habe. Sie habe auch noch gesagt, der Sohn habe ihm nichts weggenommen. Zunächst habe er auch keine Strafanzeige erstatten wollen. "Ich hatte Angst um meine Familie und mich selbst."
Doch was war mit dem Geld? Der 52-Jährige erklärt es so. Bevor er die Wohnung seiner Freundin verlassen hatte, habe er 100 Euro eingesteckt. Für 60 Euro habe er getankt, und für etwa zehn Euro Alkohol gekauft. Die Freundin, die ihren verletzten Partner am Tatort vorgefunden hatte, durchsuchte das Auto und fand den Rest des Geldes. Ansonsten bleibt der Mann dabei: Er sei aus heiterem Himmel angegriffen worden, es habe vorher keine Forderungen an ihn gegeben, er sei nicht erpresst worden, beispielsweise von Landsleuten aus der ehemaligen Sowjetunion. Auf vieles weiß er keine einleuchtende Antwort. So hat er seinem langjährigen Arbeitgeber nichts von dem Überfall in Koblenz erzählt, sondern lediglich mitgeteilt, er habe sich ein Bein gebrochen. Warum? Achselzucken.
Er hat eine Schadenersatzforderung über 5000 Euro gegen den Angeklagten gestellt. Mittlerweile seien 700 Euro eingegangen, sagt sein Anwalt. Der Freundin sagte das Opfer nach der Tat, er könne sich an nichts erinnern. Später sei er etwas detaillierter geworden, doch ihr Partner habe nicht sagen können, ob zwei Männer oder nur ein Täter ihn überfallen hat, berichtet die Freundin als Zeugin. Der Prozess wird am 18. September fortgesetzt.
Renate Holbach